Text
Editionsbericht
Lyrikartikel der "Gartenlaube"
Literatur: anonym
Literatur: Gartenlaube
Vor wenigen Jahren ist ein ansehnlicher Band Gedichte von Otto Banck erschienen, die durch Frische und Selbständigkeit der Empfindung, durch Mannigfaltigkeit und Reinheit der Form einen Ehrenplatz in der deutschen Lyrik verdienen. Nun hat der Dichter soeben zwei Bücher erscheinen lassen, die den freien Blick in die Welt um uns her und in die Welt in uns selbst mit seltener Klarheit und Eigenartigkeit bekunden. Das eine Buch betitelt sich "Alpenbilder" (Leipzig, bei Schlick) und giebt Zeugniß von dem scharfen Jägerauge, das die Dinge der Außenwelt erfaßt und sie dann mit künstlerischer Wohlordnung festzuhalten und abzurunden versteht. Wer in schönen Sommertagen sich eine Brust voll Alpenluft geholt hat, um dann wieder um so kräftiger seinem stillen begrenzten Berufe nachzugehen, dem werden die "Alpenbilder" Otto Banck's nicht nur das Gesehene neu vorführen, sondern ihm auch Neues zu sehen und zu erkennen geben. – Es ist doch eine ganz andere Art, die sich in den Reisebildern der heutigen Schriftstellerwelt kundgiebt, als diejenige war, die von H. Heine zuerst betreten, und von seinen Nachfolgern bis zum Ueberdruß ausgetreten worden. Es ist nicht das liebe "Ich" mit all seinen wirklichen oder erdichteten Eigenschaften und Erlebnissen, das sich breit macht oder auch graziös hin und her tändelt; durch alle Auffassung und Kundgebung unserer Zeit geht ein strenger Ernst, der der Wahrheit der wirklichen Lebensdinge auf den Grund gehen und sie rein erkennen will. Dazu tritt die heutige jüngere Schriftstellerwelt mit einem viel größeren Reichthum von naturwissenschaftlichen, politischen, wirthschaftlichen und sprachforschenden Kenntnissen in die Welt hinaus; das Interesse am allgemeinen Leben und nicht an der Person des Autors steht überall im Vordergrunde; überall zeigt sich die redliche Einkehr in uns selbst, die uns zu einer Erneuerung des Daseins führt, nicht blos zu einem lockeren Spiel mit demselben. Kommt dann noch die künstlerische Begabung hinzu, so entstehen Bilder von Natur und Menschenleben, die uns durch harmonische Farbengebung tief anmuthen. Solche finden sich vielfach in den Alpenbildern von Otto Banck.
Gleichzeitig ist nun ein zweites Buch von ihm erschienen, "Worte für Welt und Haus" (Leipzig, bei Fleischer), das aphoristische Betrachtungen enthält, die theils neue Wahrheiten in knapper Form vorbringen, theils aber auch individuelle Anschauungen geben, die in Beistimmung und Widerspruch zu selbständigem Denken anregen. Wir hätten lieber gewünscht, Otto Banck hätte diese Aphorismen, in deren Formgebung sich manche Absonderlichkeit und Unzuträglichkeit findet, in ein geschlossenes Kunstwerk verarbeitet. Dadurch würden sie auch den Anschein verloren haben, in ihrer Gesammtheit für absolute allgemeine Wahrheiten gelten zu wollen. Zu Thema's für Gesprächserörterung in geselligen Kreisen eignen sich solche kurze Sprüche und Betrachtungen sehr, und mögen oft dem zerfahrenen Gerede hin und her einen festen Mittelpunkt oder auch nur Ausgangspunkt geben.
Erstdruck und Druckvorlage
Deutsche Blaetter.
Beigabe zur Gartenlaube.
1863, Nr. 49, [Dezember], S. 196.
Ungezeichnet.
Die Textwiedergabe erfolgt nach dem ersten Druck
(Editionsrichtlinien).
Die Gartenlaube online
URL: https://de.wikisource.org/wiki/Die_Gartenlaube
URL: https://digipress.digitale-sammlungen.de/calendar/newspaper/bsbmult00000624
URL: https://catalog.hathitrust.org/Record/008696504
URL: http://data.onb.ac.at/rec/AC09717725 [Beilage "Deutsche Blätter"]
URL: https://de.wikisource.org/wiki/Deutsche_Blätter [Beilage "Deutsche Blätter"]
URL: https://catalog.hathitrust.org/Record/011570697 [Beilage "Deutsche Blätter"]
Die Gartenlaube inhaltsanalytische Bibliographie
Alfred Estermann: Inhaltsanalytische Bibliographien deutscher Kulturzeitschriften des 19. Jahrhunderts - IBDK.
Band 3; 2 Teile: Die Gartenlaube (1853-1880 [-1944]).
München u.a. 1995.
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Lyrikartikel der "Gartenlaube"
Literatur: anonym
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Die Gartenlaube im Krieg
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Edition
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