Vorrede
Einleitung
Die lyrische Poesie
Editionsbericht
Werkverzeichnis
Literatur: Wolff
Literatur: Anthologie
Der Wunsch des geschmackvollen und kunstsinnigen Verlegers, der kein Opfer scheut, wenn es Ehre und Ruhm des deutschen Landes gilt, begegnete sich mit dem des Herausgebers, eine Sammlung deutscher Poesieen zu veranstalten, welche, indem sie das Edelste und Schönste enthielt, was unsere Nation auf diesem Gebiete aufzuweisen hat, auch zugleich durch Beispiele den Gang der Entwickelung veranschaulichte, den die Poesie in allen ihren Gattungen seit den frühesten Zeiten ihres Erscheinens bei uns nahm, und also als ein Urkundenbuch gewissermaßen dienen könnte. So viel vortreffliche größere und kleinere Sammlungen dieser Art wir auch besitzen, so fehlte es doch noch gänzlich an einer solchen, die die Gestaltung unserer Poesie in den einzelnen Gattungen derselben seit ihrem Anbeginne verfolgte und zusammenfaßte; die genaue Beobachtung dieses Punktes giebt daher dem vorliegenden Buche vielleicht einigen Werth, wenigstens den der Neuheit. Neben den ästhetischen Zweck stellte sich daher der historische, und der Erfüllung Beider wurde gleichmäßig nachgestrebt. Die zu jeder Gattung gegebenen Einleitungen enthalten demgemäß zugleich mit der Entwickelung derselben auch einen kurzen Ueberblick ihrer Geschichte, und die mitgetheilten Gedichte dienen, abgesehen von ihrem inneren Werthe, als Belege. – Ueberall wurde darauf Rücksicht genommen, nur das Beste zu geben, was in dieser Gattung überhaupt vorhanden war; daß daher Manches an poetischer Vortrefflichkeit, namentlich bei Dichtungsarten, die zur Zeit beschränkterer Ansichten angebaut und später vernachlässigt wurden, Anderem nicht gleich kommt, versteht sich von selbst, ja es mußten selbst Gedichte aufgenommen werden, die fast gar keinen poetischen Werth haben, weil es darauf ankam, die historische Entwickelung der Dichtungsarten durch Proben zu veranschaulichen. Wo von schwer verständlichen Poesieen des Mittelalters gute Uebersetzungen vorhanden waren, ward diesen der Vorzug eingeräumt, denn es galt, Denkmäler der Poesie und nicht der Sprache zu bringen, wo aber die[IV]ses nicht der Fall seyn konnte, wurde namentlich Wilhelm Wackernagels vortreffliches altdeutsches Lesebuch genau benutzt, denn der Herausgeber besitzt nur eine historische Kenntniß der Dichtungen des Mittelalters und folgte daher um so bereitwilliger einem so anerkannten Forscher und Meister, dem er hierdurch seinen Dank mit Freuden ausspricht.
Durch die Entfernung des Druckortes ist das Versehen vorgekommen, daß das Gedicht
"Der Siegesfürst" S. 297 am unrechten Orte aufgenommen wurde; sein eigentlicher Platz
ist unter den Oden S. 127 nach Gellert, unmittelbar vor Klopstock. Jedes mitgetheilte
Gedicht war auf ein einzelnes Blatt geschrieben worden, eine solche Verwechselung also
leicht möglich und jedenfalls dem Herausgeber nicht anzurechnen.
Jena, im Spätsommer 1839.
O. L. B. Wolff.
Poesie ist das freie Spiel der schöpferischen Phantasie und des Gemüthes in allgemeinster Bedeutung,
ohne bestimmt ausgesprochenen Zweck, insofern dieses Spiel vermöge der Rede und der sämmtlichen
Formen derselben ein Ideal darstellt, oder der Darstellung eines solchen nachstrebt. Nach
Aristoteles in seiner Poetik ist daher die Poesie die geistige Nachahmung der Natur.
Dieses freie Spiel der vereinten Phantasie und des Gemüthes muß, um in allen Theilen vollkommen zu werden, von der Vernunft und dem Verstande geleitet sein. Die Poetik beschäftigt sich nur mit den äußeren Formen der Poesie, und hat es daher vorzüglich mit den Regeln, welche der Verstand hier aufstellt, zu thun: wogegen die Vernunft die Grundsätze angiebt und entwickelt, nach welchen jenes freie Spiel der beiden verbundenen Kräfte bewerkstelligt und ausgeführt werden soll. Die Summe dieser Grundsätze bildet einen Theil der Aesthetik, oder der Lehre vom Schönen und Erhabenen. Im gewöhnlichen Leben versteht man daher unter Poetik den Unterricht in den Regeln der Dichtkunst überhaupt.
Alle Poesie hat ihren Ursprung im menschlichen Geiste; ihre Quellen sind Reichthum der
Empfindung und Trieb zur Nachahmung. Sie war daher anfänglich nur ein natürlicher
Ausdruck des Gefühls, und eine kunstlose, in verschönerter Form vorgetragene Mittheilung
der Gedanken und Gesinnungen oder merkwürdiger Ereignisse. Was uns von diesen ersten
Producten der Völker übrig geblieben ist, pflegen wir im Allgemeinen mit dem Namen
Volkspoesie zu bezeichnen, wogegen wir die späteren, bestimmten Regeln unterworfenen,
poetischen Leistungen Kunstpoesie nennen.
Alle Poesie zerfällt naturgemäß in zwei Klassen. Insofern nämlich, als der Dichter in
seinen Leistungen entweder nur seine eigenen Gefühle und Empfindungen, ohne eine bestimmte
Rücksicht auf die Außenwelt, oder auch nur die Außenwelt, wie sie sich in ihm wiederspiegelt,
ohne eine bestimmte Rücksicht auf seine Individualität, schildert. Die erstere wird subjective,
die letztere objective Poesie genannt.
Eine andere Eintheilung der Poesie gestaltete sich im Laufe der Zeiten durch den Fortgang
derselben bei den verschiedenen Völkern. Diese Eintheilung in die klassische und in die
romantische Poesie beruht nicht auf inneren naturnothwendigen Gesetzen, sondern mehr auf
äußeren Zufälligkeiten, welche die Lebensverhältnisse der verschiedenen Nationen, und mit
diesen auch die Ansichten derselben vom Leben in seinem ganzen Umfange verschieden gestalten.
Die Grenze bildet hier das Christenthum; doch lassen sich die Gegensätze, wenn man dasselbe
als scharfe Grenzlinie annimmt, historisch noch genauer entwickeln. Sie werden gebildet
1) durch die Religionen selbst; die griechische Götterlehre im Gegensatze zum christlichen
Monotheismus. 2) Durch die Familienverhältnisse; die Familien der Alten mit dem Sclavenwesen
im Gegensatze zu den Familien der neueren Zeit mit vollkommener gesetzlicher Freiheit aller
Individuen. 3) Das Verhältniß der Unterordnung des weiblichen Geschlechts bei den Alten im
Gegensatze zu dem Gleichheitsverhältniß und der überschätzenden Verehrung der Frauen bei
den Neueren. 4) Endlich die in das Leben und daher auch in die Dichtkunst tretende weitere
Ausbildung des menschlichen Geistes; die ausgebreitetere Gelehrsamkeit und Wissenschaftlichkeit,
die die Alten nicht besaßen. Insofern nun, als diese Umstände auf das Leben und daher auch
auf die Poesie wirkten, bildeten sie den Unterschied und das eigenthümliche Wesen der
romantischen und klassischen Poesie.
Poetischen Stoff nennt man jeden Gegenstand, welchen Gemüth und Phantasie vereint zu behandeln vermögen, und in sinnlich vollkommener Darstellung durch die Rede wiedergeben können. Das Geistige und Allgemeine, insofern es sich auf diese behandeln läßt, kann [2] daher eben so wohl zum poetischen Stoffe dienen. Die Poesie beschäftigt sich also mit der Darstellung, Beschreibung, Nachahmung und Reproduction wirklicher oder als wirklich gedachter Gegenstände, Begebenheiten, Handlungen, Gefühle und Gesinnungen, deren Werden, Bestehen und Vergehen sie zu schildern unternimmt. Täuschung ist insofern einer ihrer Zwecke, als sie sich bemüht, das nicht Vorhandene oder nicht Gegenwärtige als vorhanden und gegenwärtig zu schildern.
Die poetische Behandlung eines solchen Stoffes erfordert aber, außer der vollkommenen Auffassung des Gegenstandes, auch die möglichst vollkommene äußere Form; da ein Kunstwerk nur durch vollkommene Harmonie seiner inneren und äußeren Verhältnisse vollendet genannt werden kann. Je nachdem nun die poetischen Gegenstände unter sich verschieden und daher mannigfaltig sind, so vertragen sie nicht allein, sondern verlangen auch eine mannigfaltige und verschiedene Behandlung, deren Wahl von dem inneren Gehalte des Stoffes bedingt wird. Hieraus entspringen die verschiedenen Formen der poetischen Darstellung.
Aus dem hier Gegebenen erhellt auch der hohe Zweck der Poesie, wie aus diesem ihr Werth. Durch eine sinnlich vollkommene Darstellung sucht sie auf alle Kräfte des menschlichen Geistes zu wirken, und diesen zu erheben und zu veredeln.
Poetisches Genie nennt man den Besitz derjenigen geistigen Fähigkeiten im höchsten Grade,
durch welche jener Zweck der Poesie erreicht wird. Man unterscheidet hier streng in der
neuesten Zeit das Genie vom Talent, und versteht unter Genie vorzugsweise das mit allen
jenen Fähigkeiten begabte Vermögen, poetisch neu zu schaffen, unter Talent nur den Besitz
jener Fähigkeiten im geringeren Grade, bei welchen sich das Vermögen nicht auf
selbstständiges Schaffen, sondern nur auf geschickte Nachahmung des Gegebenen erstreckt.
Genie und Talent sind unbedingt die nothwendigsten Eigenschaften des Dichters: aber sie
genügen bei dem jetzigen vorgerückten Stande menschlicher Erkenntniß nicht zu seiner
vollkommenen Bildung. Er bedarf genauer Kenntnisse der Regeln seiner Kunst, einer eben
so strengen, als gründlichen Herrschaft über die Sprache, in der er dichtet, philosophischer
Klarheit und inniger Bekanntschaft mit dem Wesen und den Zuständen des von ihm zu behandelnden
Stoffes.
Der Moment, in welchem die Seele des Dichters vorzüglich angeregt und wirksam ist und sein
Genius sich thätig schaffend beweist, wird im gewöhnlichen Leben poetische Begeisterung
genannt. Es bedarf der inneren, wie der äußeren Ursachen, um sie zu wecken, und ohne sie
vermag kein Dichter etwas Bedeutendes zu leisten. Sie steht aber außerhalb der Poesie und
verhält sich zu ihr wie die Ursache zur Wirkung. Vernunft und Verstand müssen ihre steten
Begleiter sein. Poetische Laune nennt man dagegen nur jenen Moment, in welchem sich der
Dichter zur poetischen Reproduction besonders aufgeregt fühlt. Sie ist nur der unterste
Grad der poetischen Begeisterung.
Demgemäß also verlangt man mit Recht von einem Dichter ein besonders lebhaftes Gefühl, eine reiche, schöpferische Phantasie, ungemeine Thätigkeit des Geistes, scharfes, bestimmtes Urtheil, geläuterten Geschmack, philosophische Bildung und einen Reichthum von allgemeinen Kenntnissen.
Die Poetik, oder die Lehre von der Kunst zu dichten, setzt daher alle jene Eigenschaften
voraus und beschäftigt sich nur mit den Gesetzen über die poetischen Formen und Verhältnisse.
Diese Formen zerfallen in innere und äußere; unter inneren versteht man das harmonische
Verhältniß der Theile eines Kunstwerkes zu einander; unter äußeren nur die Bildung und
die Verhältnisse der Rede als Mittel zur poetischen Darstellung. Dieser Theil, welcher
sich mit den äußeren Formen beschäftigt, und streng genommen nur den Bau und das Verhältniß
der einzelnen Verse lehrt, so wie die Länge und Kürze der Sylben und die Verhältnisse des
Sylbenmaßes, bildet eine eigene für sich bestehende, eigentlich zur Grammatik gehörige
Wissenschaft, die Prosodie. Da jedoch zu vollkommener äußerer Form der poetische Wohlklang
vorzüglich erfordert wird, indem er von der größten Bedeutung für die Wirkung des sinnlichen
Eindruckes ist, so müssen die vorzüglichsten und allgemeinsten Regeln der Prosodie
ebenfalls ihre Stelle in der Poetik finden.
Es giebt zwei Arten der Bestimmung für die Länge und Kürze der Sylben; entweder ihren inneren
Gehalt, Quantität, oder den Accent, der ihnen eigenthümlich ist und von der einmal
eingeführten Aussprache abhängt. Die erstere Bestimmungsart gehörte den Sprachen
des Alterthums, vorzüglich der griechischen und römischen, an. Genau genommen ist
sie ihrer genauen Richtigkeit wegen vorzuziehen; jedoch hat die zweite Art, welche
neueren Sprachen eigenthümlich ist, den Vorzug, daß das Klangverhältniß mit dem Sinne
der Wörter übereinstimmt. Die Anordnung des poetischen Sylbenmaßes besteht demgemäß
in einer
[3] streng geordneten Abmessung und einer gleichförmigen Folge der einzelnen Theile der
Rede nach Länge und Kürze der Sylben und den daraus hergeleiteten Regeln des Verses. Der
hieraus entspringende Gang und Charakter des Verses, der poetische Rhythmus, stimmt mit
dem Fortschreiten und dem Zeitmaß in der Musik genau überein. Die einzelnen aufgelösten
Theile desselben, die Versfüße, sind entweder natürlich, d.h. insofern, als sie sich
in den Worten selbst finden, oder künstlich, insofern sie mehrerer Worte zu ihrer
Zusammensetzung bedürfen. Die zwei- und dreisylbigen Versfüße sind im Deutschen als
natürlich zu betrachten. Nach dem Vorherrschen derselben wird der Vers jambisch,
trochäisch, dactylisch u.s.w. genannt. Das Fernere gehört in die Metrik, die zwar ein
Theil der Poetik ist, aber eine für sich bestehende Wissenschaft bildet.
Von großer Wichtigkeit nicht allein in metrischer Hinsicht ist die Cäsur, eigentlich
nur der Einschnitt oder Ruhepunkt im Verse selbst, meist in der Mitte desselben. Es
giebt deren zwei Arten: 1) diejenige Cäsur, welche das Metrum, und 2) diejenige,
welche der Sinn verlangt. Die Regeln für die erstere giebt die Metrik, für die zweite
lassen sich keine bestimmten Regeln aufstellen, und der Dichter muß hier immer seinem
Gefühle folgen, indem er gerade durch geschickt angebrachte Ruhepunkte das raschere
oder langsamere Fortschreiten des Verses in Uebereinstimmung mit dessen Inhalt zu bringen
sucht, und durch sie den Wohlklang nicht wenig befördert.
Obwohl nun gleich Sylbenmaß und Versart nur zum Aeußeren und Zufälligen der Poesie gehören, so wird doch durch die sinnliche Kraft, welche sie dem Formalen des Gedichtes verleihen, die Vollkommenheit desselben, welcher unbedingt nachgestrebt werden muß, nicht wenig befördert. Wie von der Wahl des Taktes und der Tonart ein großer Theil der Wirkung eines Musikstückes abhängt, so hängt eben so sehr von der richtigen Wahl des Versmaßes der Eindruck eines Gedichtes ab, und poetischer Wohlklang ist unbedingt eine der Hauptforderungen der äußeren Form.
Wie das Metrum, so gehört auch der Reim, oder die Wiederkehr gleichklingender Endsylben der
Verse, zu den zufälligen aber wesentlichen Verschönerungen eines Gedichtes. Er ist eine
Erfindung der Neueren, und ging im Mittelalter, wahrscheinlich von den Orientalen, in die
Poesie der abendländischen Völker über. Die Hauptregel für denselben besteht darin, daß
die Schlußvocale und Consonanten eines Verses dieselben, die diesen unmittelbar
vorhergehenden Consonanten aber verschieden sein müssen. Nur wenn dieses genau befolgt
wird, ist der Reim richtig, und heißt in der Kunstsprache rein. Unrein ist dagegen,
wenn Vocale und Consonanten zwar gleichklingend und mit einander verwandt, aber nicht
dieselben sind, z.B. Freuden und beiden u.s.w. Reimen dieselben Wörter mit einander,
oder auch nur die vorhergehenden Consonanten, so heißt das ein reicher Reim, dessen
Anwendung wohl mitunter, jedoch nicht zu häufig erlaubt ist. Zu bemerken ist noch,
daß Verbindungspartikeln, einzelne Theile eines Wortes, die die erste Hälfte desselben
bilden, oder Adjectiva, die nicht von den Subjectiven getrennt werden können, nicht mit
einander gereimt werden dürfen, ausgenommen für komische Zwecke, wo gerade durch die
Aufhebung der Regeln der komische Eindruck verstärkt wird.
Durch eine, genauen Gesetzen unterworfene Abwechselung und Verschränkung der Reime werden in der Poesie der Neueren die Reimstrophen gebildet. Es hängt hierbei von dem Dichter ab, falls er nicht eine bestimmte, einmal festgestellte Form wählt, diese Verschränkung selbst in den Strophen willkührlich festzustellen; doch muß er hierbei zwei Hauptregeln nicht aus den Augen lassen:
Von den bestimmten Formen der Reimverschränkungen, welche zuerst in der Poesie der
südlichen Länder festgestellt wurden, sind mehrere in die deutsche Dichtkunst
übergegangen und haben das Bürgerrecht erworben. Wir haben hier vorzüglich zwei
zu bemerken, welche nicht für sich bestehende Gedichte bilden, sondern nur stets
einzelne Theile von Gedichten sind, bestimmte mit einander zusammenhängende
Strophen, diese heißen
1) die Stanze (Ottave rime) und 2) die Terzine.
Die Stanze ist eine Strophe von acht gleich langen Verszeilen, mit dreifach anklingendem
Reim. Diese drei Reimklänge müssen so mit einander alterniren, daß die erste, dritte und
fünfte, die zweite, vierte und sechste Zeile mit einander reimen; die siebente und achte
reimen unmittelbar mit einander. Will man den Bau der
[4] Stanze in seiner ganzen Strenge herstellen, so muß vorzüglich darauf gesehen werden,
daß männliche und weibliche Reime im gleichen Verhältnisse mit einander wechseln.
Beginnt die Stanze mit einem weiblichen Reime, so muß die zweite, vierte und sechste
Verszeile mit einem männlichen Reime endigen; die siebente und achte erfordern wieder
einen weiblichen Reim und die neue Stanze beginnt mit einem männlichen. Hinsichtlich
des inneren Baues derselben ist vorzüglich dahin zu sehen, daß der Gedanke, den der
Dichter in derselben vorzutragen begann, auch mit ihr geendet und vollkommen
ausgedrückt werde, so daß die Stanze, wie der äußeren Form, so dem Inhalte nach,
ein für sich bestehendes Ganze bildet und kein Ueberschreiten des Gedankens in die
neue Stanze Statt findet. Nur bei komischen Gedichten ist hier eine Ausnahme erlaubt;
weil eben durch Verletzung der Regel sehr oft eine komische Wirkung hervorgebracht
wird. Hüten muß man sich ferner, daß dieselben Reimklänge am Ende der Stanzen und
dieselben Vocale in ihnen nicht zu oft wiederkehren, weil sie dadurch leicht etwas
Schleppendes, Monotones bekommen.
Durch die Dichtkunst der südlichen Länder sowohl, als durch Nachahmung der nördlichen, haben sich mehrere Abarten der Stanze in der Poetik einheimisch gemacht. Hierher gehören vorzüglich
1) jene auch im Deutschen vielfach gebrauchte, wo nur die vier ersten Zeilen alterniren, die fünfte und sechste aber, so wie die siebente und achte, mit zwei verschiedenen Reimklängen unmittelbar auf einander reimen. Dieselbe Regel für den Wechsel männlicher und weiblicher Reime findet auch hier Statt, wie folgendes Schema zeigt:
2) Die sicilianische Stanze, Siciliana, wenig gebräuchlich und hauptsächlich nur in
der Volkspoesie der südlichen Länder vorkommend. Sie besteht aus acht Verszeilen mit
zwei alternirenden Reimklängen.
3) Die Spenser-Stanze, eine von dem englischen Dichter Spenser für sein romantisches
Epos, die Feenkönigin, (the fairy queen) erfundene neunzeilige Stanze, welche in
neuester Zeit vom Lord Byron nachgeahmt worden ist, aber in Deutschland keinen
Anklang gefunden hat. Die regelmäßige italienische Stanze ist die für epische Gedichte
in der romantischen Poesie mit Vorliebe gebrauchte Form.
Die Terzine, im Mittelalter auch der Sirventesische Vers genannt, kommt schon sehr
früh vor, und wurde mit Vorliebe für eine eigene Gattung didactisch satyrischer
Gedichte von den Troubadours benutzt. Sie unterliegt sehr strengen, das ganze
Gedicht beherrschenden Regeln; und obwohl sie eigentlich nur aus drei Zeilen besteht,
so erfordert sie doch eine große Mannigfaltigkeit des Reims. Wenn nämlich die erste
und dritte Zeile mit einander reimen, so steht die mittlere für sich allein da, mit
dieser müssen aber die erste und dritte Zeile der folgenden Terzine wieder reimen,
wogegen die mittlere dieser wieder für sich steht und die erste und dritte der
folgenden mit dieser und so fort durch das ganze Gedicht hindurch. Da nun aber
am Schlusse die mittlere Zeile der letzten Terzine ohne einen antwortenden Reimklang
bleiben würde, so muß eine einzelne für sich bestehende Verszeile von dem Dichter
hinzugefügt und mit jener gereimt werden. Dieselben allgemeinen Regeln, wie bei der
Stanze, Mannigfaltigkeit des Reimes und der Vocale, strenge Abwechselung männlicher
und weiblicher Reime finden auch hier Statt. Die Terzine eignet sich nur für ernste
Gegenstände, weßhalb denn auch die strenge Befolgung ihrer Gesetze beachtet werden
muß.
Die verschiedenen, aus vier, sechs, acht Zeilen u.s.w. bestehenden Strophen
unterliegen in der Poetik der südlichen Völker strengeren Gesetzen, als bei uns,
und haben dort ihre eigenen bestimmten Benennungen. Diese haben sich eigentlich nie
bei uns recht eingebürgert, eben so wenig, wie die Canzone des Südens, die Ritornelle
der Römer, die Albas der Provençalen, sämmtlich mehr oder weniger künstliche Formen.
Will man sie nachahmen, so muß man sich streng nach den nationalen Mustern richten,
und darf sich nicht die mindeste Abweichung von diesen erlauben. Da mit ihrer Form
jedoch für uns keine tiefere Bedeutung verbunden ist, manche uns sogar ganz fremd
bleibt, so stehen sie im Werthe nicht viel höher, als jede andere Spielerei mit der
äußeren Gestaltung.
Zwei Nebenarten des Reims, welche auch von deutschen Dichtern mit mehr oder weniger
Glück gebraucht wurden, sind die Assonanz und Alliteration. Die erstere ist weiter
nichts, als eine strenge, in immer gleichem Verhältnisse kehrende Wiederholung des
Vocals, ohne Rücksicht auf die Consonanten, meist am Ende der zweiten, vierten
u.s.w. Verszeile. Sie wird vorzüglich von den Spaniern in ihren Romanzen gebraucht.
Die Alliteration ist dagegen eine in gleichem Verhältnisse kehrende Wiederholung
bestimmter Consonanten, nicht immer bloß am Ende der Verszeile.
Die Poesie zerfällt ihrer mannigfachen Anwendung und Behandlung wegen in verschiedene
Gattungen oder Dichtungsarten. Stellt man diese Eintheilung fest, je nachdem der Dichter
selbst redet, oder andere Personen reden läßt, so kann man zwei Hauptklassen annehmen,
die epische und dramatische. Besser aber theilt man sie ein in die lyrische Poesie,
in welcher die Subjectivität des Dichters vorherrscht, in die epische, wo er ganz
objectiv verfährt, und in die dramatische, wo der Dichter zwar objectiv verfährt,
Personen aber subjectiv handelnd vorführt. Eine strenge Scheidung läßt sich hier nie
gestalten, und es bleiben noch immer mehrere Arten übrig, die man in eine vierte oder
Ergänzungsklasse bringen muß, vorzüglich deshalb, weil sie ihrer Eigenthümlichkeit
nach theilweise bald der einen, bald der andern Klasse zugehören.
Die lyrische Dichtkunst leitet ihren Namen aus dem Griechischen her, weil bei den Völkern des Alterthums sämmtlich zu ihr gehörige Dichtungsarten mit Musikbegleitung vorgetragen wurden. Ihr Hauptcharakter gründet sich auf die Darstellung bestimmter subjectiver Empfindungen des Dichters in möglichst vollendeter Form. Alles, was daher das menschliche Gemüth anregt und ergreift, bietet ihr einen reichen, nie zu erschöpfenden Stoff dar. Die Hauptaufgabe, welche dem lyrischen Dichter gestellt ist, liegt nun darin, daß er mit möglichster Wahrheit, Wärme und Tiefe seine (subjectiven) Empfindungen darstelle, daß er im Gemüthe des Zuhörers oder Lesers dieselben oder verwandte Gefühle hervorrufe. Es versteht sich von selbst, daß seine Darstellungen immer insofern idealisirt seyn müssen, als es dem Dichter überhaupt vorgeschrieben ist, das Leben in ihm und außer ihm idealisirt wiederzugeben; geläuterter Geschmack und Urtheil müssen ihm auch hier zur Seite stehen, und er sich vor Allem hüten, gewöhnliche Dinge nicht zu erhaben, erhabene nicht zu gewöhnlich zu behandeln. Der Ton des lyrischen Gedichts hängt daher von der Stärke des Gefühls, dessen sich der Dichter bewußt ist und das er offenbart, ab.
Je nachdem nun die von dem lyrischen Dichter darzustellenden Gefühle und Empfindungen theils an und für sich, theils nach den Graden ihrer individuellen Stärke sehr von einander abweichen können, je nachdem zerfallen sie auch in verschiedenartige Gedichte, die sich nun entweder nach ihrem Inhalte oder nach der äußeren Form in bestimmte Unterabtheilungen bringen lassen. Im Allgemeinen hat auf die Eintheilung derselben die Form den entschiedensten Einfluß, da die Gedichte des abweichendsten Inhalts und Tones häufig unter dieselbe Form gebracht werden können. Man hat demzufolge, da sich die Varietäten ins Unendliche verlieren würden, bestimmte Untergattungen der lyrischen Dichtung angenommen:
Der Charakter des Liedes gründet sich auf die Darstellung eines einzigen bestimmten, bestimmt ausgesprochenen Gefühls unter der Einheit einer möglichst vollkommenen ästhetischen Form, welche für den Gesang geeignet seyn muß. Jene Empfindung nun nach seinen verschiedenen Richtungen und Eigenschaften hin ausgesprochen, bildet den Stoff oder Inhalt des Liedes, und mit ihm muß der Ton, d.h. die Art und Weise der Behandlung und des dichterischen Vortrages in genauer Uebereinstimmung stehen. Je nachdem nun dieses Gefühl verschiedenartig sich offenbart, je nachdem die Gegenstände, die es veranlassen, verschiedenartig sind, läßt sich das Lied auch verschiedenartig behandeln und wird daher zu einer Dichtungsart, welche sich über alle Gegenstände des inneren und äußeren Lebens erstrecken kann. Hinsichtlich der Eintheilung des Liedes stimmen die Theoretiker nur darin überein, daß sie zwei Hauptgattungen desselben annehmen:
a) diejenige, welche religiöse Gegenstände,
b) diejenige, welche weltliche behandelt.
Wollte man, wie Mehrere (z.B. Menzel) gethan haben, die Lieder nach ihrem Inhalte
classificiren, so würde man nie damit fertig werden, sondern müßte am Ende für jedes
neue Lied, das einen noch nicht besungenen Stoff behandelt, auch eine neue Klasse
aufstellen.
Das religiöse Lied schildert immer, mit Hinsicht auf den Gesang, diejenigen Gefühle,
welche das
[6] Verhältniß des Menschen zur Gottheit in ihm erzeugt. Es kann daher ein bloßes
Danklied, oder ein Lied der Verehrung, Bewunderung, Demuth, Hoffnung u.s.w. seyn,
da es den ganzen Cyclus religiöser Lehren und Empfindungen in sich begreifen kann.
Der Ton desselben, so wie der dichterische Vortrag, darf jedoch nicht zu idealisirt,
nicht zu stark werden, weil es dadurch den ihm angewiesenen Charakter verlieren würde.
Das weltliche Lied schildert dagegen unter möglichster Vollendung und Einheit der Form
alle diejenigen Empfindungen und Zustände, welche das äußere oder innere Leben in
uns erzeugt. Es versteht sich von selbst, daß sein Ton und Vortrag dem Gegenstande
genau angemessen seyn müssen.
Anmerk. Ueber den Ursprung des Wortes Lied ist man nicht ganz im Klaren;
wahrscheinlich stammt es aus dem nordischen leod, liod, das altfranzösische lai,
und bezeichnet ein gesangmäßig vorgetragenes Gedicht.
Das religiöse Lied nahm seinen Ursprung aus den lateinischen Hymnen der christlichen
Kirche und wurde vor dem dreizehnten Jahrhunderte so gut wie gar nicht, später aber
bis zur Reformation nur spärlich angebaut, da das allgemeine Bedürfniß bei kirchlichen
Feierlichkeiten dasselbe nicht verlangte, und man nur höchstens bei Wallfahrten,
öffentlichen Bußzügen u.s.w. sich seiner bediente. Zwar finden sich bei den Minnesingern
manche religiöse Lieder, meist zur Ehre der heiligen Jungfrau oder der Mysterien des
christlichen Glaubens. Diese sind aber zum Theil zu künstlich, als daß sie Eingang und
Verbreitung bei der Nation hätten gewinnen können. Die Meistersänger waren nicht
glücklicher; die geistlose Weise, mit der sie ihre Stoffe behandelten und die
pedantische Form, in welche sie denselben zwängten, konnten dem gesunden Sinne
des Volks, das Erbauung und Erhebung verlangte, unmöglich genügen. Einige wenige
Dichter wußten zwar den allein richtigen Ton besser zu treffen, und hatten auch
die Genugthuung, daß ihre Lieder bei dem Gottesdienste gesungen wurden, doch
behielten die lateinischen Gesänge in den Kirchen noch immer das Uebergewicht,
und die gelungensten deutschen Versuche wurden diesen nachgebildet, wenn sie nicht
selbst wörtliche Uebertragungen derselben waren. Endlich trat Luther auf, und zeigte,
indem er die deutsche Sprache vorherrschend bei dem Gottesdienste einführte, wie das
religiöse Lied zu behandeln sei, um den Anforderungen, die man mit Recht an dasselbe
machen könne, zu entsprechen. Seine eigenen Lieder galten als die vortrefflichsten
Beispiele; einfach, herzlich und allgemein verständlich gedichtet, voll wahrer
Frömmigkeit und Kraft, fanden sie den freudigsten Anklang und eine bis auf die
neuesten Zeiten ungeschwächte Anerkennung ihres hohen Werthes. Die besten
lateinischen Kirchengesänge mußten auch hier als Vorbilder dienen, denn es kam
darauf an, vor allem dem dringenden Bedürfniß abzuhelfen, aber sie wurden im
wahrsten Sinne des Wortes verdeutscht. – Viele begabte Männer schlossen sich
Luthern in diesen Bestrebungen an und lieferten mehr oder minder Gelungenes,
doch jedenfalls Brauchbares. Die Neigung für das religiöse Lied ward so allgemein,
daß selbst die katholischen Dichter nicht zurückblieben und deutsche geistliche
Gesänge dichteten. Der höheren Kultur dieser Gattung stand indessen noch die geringe
Ausbildung der Sprache sehr im Wege, und so geschah es, daß sich die nördlichen
Provinzen Deutschlands bei ihren gottesdienstlichen Uebungen und Gesängen noch
geraume Zeit ihres Idiomes, des Plattdeutschen, bedienten. Je mehr sich jedoch
die Reformation verbreitete, um desto rascher wuchs auch die Ausbildung der
Sprache und die allgemeine Theilnahme an religiösen Interessen. Das allgemeine
Bedürfniß heischte bald mehr als bloß kirchliche Gesänge. Den Forderungen der
häuslichen Andacht mußte ebenfalls genügt werden, und so fand allmälig eine
Erweiterung des Gebietes Statt durch die Bearbeitung und Einführung moralisch-religiöser
Gesänge neben den dogmatisch-religiösen, welche mit der größten Vorliebe von den
Deutschen, namentlich gegen den Schluß des sechszehnten und zu Anfange des siebenzehnten
Jahrhunderts aufgenommen wurden. Als gegen das Ende des dreißigjährigen Krieges sich
die Kunstpoesie streng von der Volkspoesie trennte und eigene Dichterschulen sich
bildeten, ward das religiöse Lied von den Stiftern und Anhängern der Letzteren mit
großer Neigung behandelt. Die vorherrschende Geschmacksrichtung übte auch hier
allmählig ihren Einfluß aus, und die wässerige Reimerei, zu welcher die Poesie
allmählig wieder herabsank, erstreckte sich ebenfalls über den geistlichen Gesang,
der von sehr vielen Dichterlingen mit großer Trivialität behandelt wurde, obwohl
ihre Meister und Vorbilder, wie z.B. Opitz, Paul Flemming, Abschatz, Rist, Albert,
Roberthin, Simon Dach u.A. Vortreffliches geleistet hatten, bis endlich Paul
Gerhard der religiösen Poesie einen neuen Aufschwung gab. – Dieser vortreffliche,
reichbegabte Dichter wußte mit eben so richtigem Tacte als inniger Begeisterung,
Einfachheit und Würde, Tiefe und Klarheit, Wohllaut und Ernst in seinen Liedern zu
verbinden, und gerade jene Seite des christlichen Glaubens, welche am wirksamsten
in das tägliche Leben eingreift, zu benutzen und anzuwenden, so daß seine Lieder
unendlich zur Beförderung wahrer Frömmigkeit beitrugen und Jedem das gewährten,
was ihm vorzüglich Bedürfniß war. Um ihn sammelten sich viele gleichgesinnte
geistliche Liederdichter, die ebenfalls Gediegenes lieferten und auf der von
ihm vorgezeichneten Bahn fortwandelten. – Eine eigenthümliche Richtung, welche
nicht geringen Einfluß gewann, schlug jedoch Johann Scheffler ein, bekannter
un[7]ter dem Namen Angelus Silesius, dessen Andenken in der neuesten Zeit wiederholt
aufgefrischt worden ist. Er ließ das Gefühl lebhafter in seinen Gesängen vorwalten,
als es bisher der Fall gewesen, und führte so einen sentimentalen und schwärmerischen
Ton ein, durch welchen allerdings ein höherer Schwung in die Behandlung des religiösen
Liedes kam, der aber schwächere Geister leicht zu mystischen und phantastischen
Spielereien verleitete, welche der echten, gesunden Frömmigkeit durchaus schädlich
werden mußten. Diese Spielereien wurden durch den vorherrschenden Geschmack in der
deutschen Poesie jener Zeit unterstützt, woher denn diese Periode unglaubliche
Verirrungen, denen sich selbst bessere Dichter hingaben, aufzuweisen hat. –
Die Neigung zur Behandlung mystischer Ansichten und Empfindungen im geistlichen
Liede verbreitete sich, obwohl durch Spener auf eine bessere Bahn geleitet,
immer mehr und erreichte im folgenden Jahrhundert, namentlich unter den
sogenannten Hallischen Pietisten, ihren Kulminationspunkt. Die von ihnen
gedichteten Lieder fanden im ganzen Vaterlande eine überaus günstige Aufnahme
und rasche Verbreitung; ihr größter Werth besteht darin, daß sie eine innigere
Verbindung des nach Besserung strebenden Menschen mit der Gottheit zu vermitteln
suchten, und viele in dieser Tendenz verfaßten Gesänge von A. H. Franke,
Freylinghausen, Lange, Winkler u.A. sind wirklich vortrefflich zu nennen;
das Wohlgefallen an mystischem Tiefsinn und poetischen Allegorieen führte
jedoch bald zu unglaublichen Uebertreibungen, welche in den Liedern der Brüdergemeinden
ihren höchsten Grad erreichten und sehr bald eine entschiedene Reaction hervorriefen,
deren Häupter indessen, von einseitiger Ansicht befangen, sich darauf beschränkten,
Glaubenslehren so einfach wie möglich in ihren Liedern zu behandeln und dadurch
der geistlosesten Reimerei Thor und Thür öffneten. – Einzelne begabte Männer
gingen zwar ihren eigenen Weg, ihre Stimme verhallte aber fast ungehört, bis
endlich die Poesie überhaupt einem besseren Geschmacke und strengerer Correctheit
huldigte und die Regeneration derselben sich verbreitete. Dadurch kam auch neues
Leben in das religiöse Lied, vorzüglich seitdem so begabte Männer, wie Cramer, Uz,
Hagedorn u.A. sich damit beschäftigten. Als Vorbild Aller leuchtete bald der
fromme Gellert, der es von den Schlacken reinigte und durch Ruhe, Einfachheit,
Wärme, Herzlichkeit und sinnige Reflection ihm einen unvergänglichen Werth verlieh.
Auf dem von ihm eingeschlagenen Wege schritt man fort. Männer wie Klopstock, Funk,
Sturm schlossen sich würdig und erhebend an, und die Dichter einer wenig späteren
aber ausgebildeteren Zeit ließen es sich ebenfalls angelegen seyn, in diesem Sinne
dem Herrn durch ihr Talent zu dienen. Auch in der katholischen Kirche ward jetzt
mehr dafür gethan, und ausgezeichnete Männer, wie Denis, waren auf das Eifrigste
dafür bemüht. Allmählig wurde nun das moralisch-religiöse Lied dem
dogmatisch-religiösen immer mehr vorgezogen, und die allgemein werdende
rationalistische Behandlung des Christenthums auch hier überwiegend, sich
am Edelsten in A. H. Niemeyer's Liedern aussprechend, bis durch die Richtung der
sogenannten romantischen Schule, die Befreiungskriege und deren Wirkung auf die
Poesie und endlich in neuester Zeit durch die Anhänger des Supranaturalismus ein
Gegensatz eintrat, der noch immer wirksam fortdauert, jedoch keineswegs die
Oberhand gewonnen hat. – Im Allgemeinen haben wir aus allen Perioden wahre
Meisterwerke religiöser Poesie aufzuweisen, ja selbst in den neuesten Tagen von
Israeliten, bei denen der deutsche Gottesdienst sich immer mehr verbreitet, erhalten;
solche Meisterwerke aber liefern die herrlichsten Zeugnisse von deutscher Frömmigkeit
und deutscher Gesinnung. –
Erstdruck und Druckvorlage
Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes [...].
Ein Buch für Schule und Haus.
Leipzig: Wigand; London: Senior 1839.
Unser Auszug:
S. III-IV (Vorrede)
S. 1-5 (Einleitung)
S. 5-7 (Die lyrische Poesie).
Die Textwiedergabe erfolgt nach dem ersten Druck
(Editionsrichtlinien).
URL: https://books.google.com.cu/books?id=6QBQAAAAcAAJ
Bibliographie der deutschsprachigen Lyrikanthologien 1840 – 1914
Werkverzeichnis
Verzeichnisse
Goedeke, Karl: Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen.
2. Aufl. Bd. 17.2. Bearbeitet von Herbert Jacob.
Berlin: Akademie Verlag 1991, S. 1765-1789.
Verzeichnet S. 1776-1777 31 Auflagen des "Hausschatzes" (bis 1907).
Golz, Jochen: Art. Wolff.
In: Internationales Germanistenlexikon, 1800 – 1950.
Bd. 3. Berlin u.a.: de Gruyter 2003, S. 2063-2065.
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Sammlung historischer Volkslieder
und Gedichte der Deutschen.
Stuttgart u. Tübingen: Cotta 1830.
URL: https://mdz-nbn-resolving.de/bsb10123696
URL: https://archive.org/details/sammlunghistori00wolfgoog
PURL: https://hdl.handle.net/2027/uc1.$b606230
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Beranger.
In: Phönix. Frühlings-Zeitung für Deutschland.
1835, Nr. 110, 9. Mai, S. 437-440.
URL: https://catalog.hathitrust.org/Record/012323075
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Heinrich Heine.
In: Phönix. Frühlings-Zeitung für Deutschland.
1835, Nr. 115, 15. Mai, S. 457-459.
URL: https://catalog.hathitrust.org/Record/012323075
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
Leipzig: Wigand; London: Senior 1839.
URL: https://books.google.com.cu/books?id=6QBQAAAAcAAJ
URL: https://archive.org/details/poetischerhaussc00wolfuoft [Titelaufl.?]
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
6. Aufl. Leipzig: Wigand 1844.
URL: https://mdz-nbn-resolving.de/bsb10993301
URL: https://books.google.fr/books?id=HKdRAAAAcAAJ
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
8. Aufl. Leipzig: Wigand 1847.
PURL: https://hdl.handle.net/2027/wu.89100573138
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
9. Aufl. Leipzig: Wigand 1847.
URL: https://books.google.fr/books?id=tDljAAAAcAAJ
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
12. Aufl. Leipzig: Wigand 1849.
PURL: https://hdl.handle.net/2027/mdp.39015014850948
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
14. Aufl. Leipzig: Wigand 1850.
URL: https://mdz-nbn-resolving.de/bsb10129589
URL: https://books.google.fr/books?id=sLE7AAAAcAAJ
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
16. Aufl. Leipzig: Wigand 1853.
URL: https://mdz-nbn-resolving.de/bsb10123699
PURL: https://hdl.handle.net/2027/nyp.33433075724173
URL: https://books.google.it.ao/books?id=ClM7AAAAcAAJ
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
20. Aufl. Leipzig: Wigand 1861.
URL: https://books.google.it.ao/books?id=HNYUAAAAQAAJ
Wolff, Oskar Ludwig Bernhard: Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes.
21. Aufl. Leipzig: Wigand 1863.
URL: https://books.google.it.ao/books?id=I3dT4r5BamEC
Literatur: Wolff
Bark, Joachim: Zwischen Hochschätzung und Obskurität.
Die Rolle der Anthologien in der Kanonbildung des 19. Jahrhunderts.
In: Autoren damals und heute. Literaturgeschichtliche Beispiele veränderter Wirkungshorizonte.
Hrsg. von Gerhard P. Knapp.
Amsterdam u.a. 1991 (= Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik, 31/33), S. 441-457.
Bark, Joachim: Nicht nur der Echtermeyer –
Die Rolle der Lyrikanthologien für die Bildung von Kanon und Geschmack im 19. Jahrhundert.
In: Deutschunterricht und Lebenswelt in der Fachgeschichte. Hrsg. von Ortwin Beisbart u.a.
Frankfurt a.M. 1993 (= Beiträge zur Geschichte des Deutschunterrichts, 12), S. 131-140.
Brandmeyer, Rudolf: Poetiken der Lyrik: Von der Normpoetik zur Autorenpoetik.
In: Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte.
Hrsg. von Dieter Lamping.
2. Aufl. Stuttgart 2016, S. 2-15.
Häntzschel, Günter: Lyrik und Lyrik-Markt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Fortschrittsbericht und Projektskizzierung.
In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 7 (1982), S. 199-246.
Häntzschel, Günter: Die deutschsprachigen Lyrikanthologien 1840 bis 1914.
Sozialgeschichte der Lyrik des 19. Jahrhunderts.
Wiesbaden 1997 (= Buchwissenschaftliche Beiträge aus dem Deutschen Bucharchiv München, 58).
Häntzschel, Günter: Aufklärerische Impulse und ihre Kritik
im Medium der Lyrikanthologien des Vormärz (1840 – 1848).
In: Der nahe Spiegel. Vormärz und Aufklärung.
Hrsg. von Wolfgang Bunzel u.a. Bielefeld 2008
(= Vormärz-Studien, 14), S. 281-294.
Hofmann, Friedrich: Deutschlands erster Improvisator und sein Loos.
In: Die Gartenlaube. Illustrirtes Familienblatt.
1867, Nr. 51, S. 808-812.
[PDF]
Korte, Hermann u.a. (Hrsg.): "Die Wahl der Schriftsteller ist richtig zu leiten".
Kanoninstanz Schule.
Eine Quellenauswahl zum deutschen Lektürekanon in Schulprogrammen des 19. Jahrhunderts.
Frankfurt a.M. 2005 (= Siegener Schriften zur Kanonforschung, 1).
Korte, Hermann u.a. (Hrsg.): Literaturvermittlung im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Vorträge des 1. Siegener Symposions zur Literaturdidaktischen Forschung.
Frankfurt a.M. 2005 (= Siegener Schriften zur Kanonforschung, 2).
Ruprecht, Dorothea: Untersuchungen zum Lyrikverständnis in Kunsttheorie,
Literarhistorie und Literaturkritik zwischen 1830 und 1860.
Göttingen 1987 (= Palaestra, 281).
Steffen, Marion: Der Improvisator als Anthologist.
Zu Leben und Werk Oscar Ludwig Bernhard Wolffs (1799 – 1851).
In: Weltliteratur in deutschen Versanthologien des 19. Jahrhunderts. Hrsg. von Helga Eßmann u.a.
Berlin 1996 (= Göttinger Beiträge zur Internationalen Übersetzungsforschung, 11),
S. 450-470.
Wais, Roderich: Lyrikanthologien für den Deutschunterricht an höheren Schulen im 19. Jahrhundert.
In: Die deutschsprachige Anthologie.
Bd. 2. Hrsg. von J. Bark u.a. Frankfurt a.M. 1969, S. 267-297.
Zymner, Rüdiger: Funktionen der Lyrik.
Münster 2013.
Edition
Lyriktheorie » R. Brandmeyer