J. F. Faber

 

 

Die neueste Lyrik im Verhältniß zum allgemeinen Zeitbewußtseyn.

 

 

Text
Editionsbericht
Literatur: Faber
Literatur: Deutsche Vierteljahrs Schrift

 

[205] Man kann den Namen der lyrischen Poesie kaum ausssprechen, ohne zunächst an die Jeremiaden erinnert zu werden, mit denen man jedes neue Buch zu begleiten pflegt, dessen Titel anzeigt, daß die Schaar unserer Sänger einen neuen Zuwachs erhalten solle. Es ist eine sonderbare Erscheinung und wir möchten selbst auch ein Symptom der Zwiespältigkeit dieser Zeit darin erblicken, daß die Zahl der Poeten mit jedem Jahre mehr ins unübersehbare anschwillt, während das Publikum zugleich immer allgemeiner und unverholener seine Gleichgültigkeit gegen alle Poesie zu erkennen gibt. Wir könnten doch gewiß nicht mit immer neuen Gedichtsammlungen beschenkt werden, wenn dieselben nicht ihre Leser fänden, denn umsonst, d. h. ohne Aussicht auf materiellen Erfolg, lassen gegenwärtig weder Autoren noch Verleger ihre Werke ans Licht treten. Wenn man also Gedichte liest und immer neue lesen will, warum klagt man dann fort und fort, daß man erhält, was man wünscht, warum gibt man sich den Anschein, es über die Achsel anzusehen als das am wenigsten Zeitgemäße, als das Unnöthigste, Ueberflüssigste, was es geben könne? Wir können uns dieß nur erklären aus der Unsicherheit, in welcher die ganze Zeit zwischen Idealismus und Materialismus hin und her schwankt. Beide entgegengesetzte Prinzipe sind in ihrer ganzen Ausdehnung, nach allen ihren Consequenzen erkannt, ihre Vereinigung aber ist immer noch nicht gelungen, vielmehr scheint die Kluft zwischen ihnen sich immer weiter spalten zu wollen. Diejenigen nun, die diesen Zwiespalt am wenigsten einsehen oder sich zurecht zu legen wissen – und sie machen natürlich die große Masse der Zeitgenossen aus – [206] klagen mit gleichem Recht oder Unrecht das einemal den Idealismus, das anderemal den Materialismus der Zeit an, schimpfen heute auf Philosophen und Poeten, morgen auf Fabriken und Dampfmaschinen, beides gleich gedankenlos. Daß wir in die Klagen über die poetische Fruchtbarkeit der Zeit nicht mit einstimmen wollen, versteht sich nach dem Gesagten von selbst. Im Gegentheil, je materieller die Zeit wird und je mehr wir ihren Realismus für einen berechtigten halten, um so willkommener müssen wir auch jede Aeußerung der idealen Seite heißen als ein nothwendiges Gegengewicht, als das zweckmäßigste Correktiv. Wenn man klagt, daß vor dem Schaufelschlag der Dampfschiffe die Fische aus unsern Flüssen fliehen, daß vor dem Rauch und Lärm der Maschinen die Singvögel sich von den Wohnungen der Menschen zurückziehen, warum will man denn nicht wenigstens singen lassen, wem Gesang gegeben, in dem deutschen Dichterhain? Sind diese Sänger nicht auch, wie die des Waldes, dazu da, so manches Ungeziefer zu vertilgen, das schädliche Gewürm des Egoismus und Materialismus? Wenn man die Sache von dieser Seite ansieht, wird man es insbesondere wohlgethan finden, daß die Vierteljahrschrift, welche sonst vorzugsweise den materiellen Interessen gewidmet ist, auch diesen Zweig des nationalen Lebens ins Auge fassen will. Es ist eine der interessantesten und – werden wir mit allem Recht hinzufügen dürfen – der vielversprechendsten Erscheinungen der Gegenwart, daß die theoretisch Gebildeten, unsere Gelehrten, sich um den materiellen Fortschritt, um Handel und Gewerbe, um Dinge zu bekümmern angefangen haben, von denen nichts zu wissen sie früher fast für eine Ehre hielten, weil sie endlich einsehen, daß die rein geistige Entwicklung ohne diese natürliche Grundlage immer eine einseitige, in der Luft schwebende bleiben muß. Ebenso werden nun andererseits auch die Männer der materiellen Interessen ihre Aufmerksamkeit auf die idealen Gebiete richten müssen, weil auch ihre Provinz nur durch das Aufgeben des bisherigen Prohibitivsystems, durch den vollständigen Frei- und Tauschhandel mit jenen zu gesunder Blüthe gelangen kann.

Wollen wir nun die Beziehungen, welche zwischen der lyrischen Poesie und dem ganzen religiösen und politischen Leben der Nation stattfinden, näher ins Auge fassen, so müssen wir [207] vorerst doch wieder auf jenen zuerst besprochenen Widerwillen gegen das Poetische, gegen das Lyrische insbesondere, zurückgehen. Es läßt sich erwarten, daß von jenen Verächtern die überwiegende Mehrzahl erklären wird: so ist es nicht gemeint, daß wir die Poesie überhaupt verwerfen; im Gegentheil, wir sind die wahren Kenner und Liebhaber, eben darum aber wünschen wir, daß uns auch einmal etwas geboten würde, womit wir zufrieden seyn könnten, das den Forderungen der Zeit entspräche, das nicht so ganz hinter dem, was uns das vorige Jahrhundert Ausgezeichnetes gebracht, zurückbliebe. Poeten, sagen sie, haben wir leider genug, aber keinen einzigen Dichter, keinen, der über das Volk der minorum gentium hervorragte, wie einst unsere Heroen Goethe und Schiller. Diesem allgemeinen Verlangen nach dem Einen, "von dem man glaubt, er sey der Rechte," dem Alles zujauchzen möchte: "Du bist's, Ersehnter, ja du bist's," hat einer der neuesten Dichter (J. G. Fischer in dem Gedicht: "Zugleich ein Sänger und ein Held") selbst zu kräftigstem Ausdruck verholfen, indem er zugleich die Wirrsale des deutschen Dichtergartens charakteristisch und ergötzlich genug schildert:

Schon sah ich manchen Blüthenschaft,
Der sich erhob in schöner Kraft –
Ich hab' ihn bald nicht mehr gesehn,
Seh' Gras an seiner Stätte wehn,
Nachtschatten auch und blassen Mohn,
Sumpfrohr und Binsen nicht weit davon,
Und viele, viele
Vergißmeinnichte
Im Dämmerlichte,
Seh' auch daneben
Auf schwankem Stiele
Bocksbart und Sturmhut sich erheben,
Und Gänseblümchen, mit Knabenkraut
Und Pfifferlingen
In bunten Ringen,
Schrei'n überlaut,
Und frohe Bächlein singen drein:
"O selig, o selig, ein Kind zu seyn!"

Im wirren deutschen Sängergarten,
Wer mag den neuen Lenz erwarten?

[208] Der Dichter ist natürlich gebildet genug, um über dieser herben Kritik die eigenthümlichen Verdienste der lebenden Dichter nicht zu verkennen; ist aber das malcontente Publikum in demselben Fall, sind die centum gravamina gegen die neueste Lyrik wirklich auch als ein erfreulicher Beweis dafür anzusehen, daß wir "eine Nation von Kritikern und Denkern" sind?

Die große Masse unserer sogenannten Gebildeten hat für poetische Leistungen immer noch keinen andern Maßstab als Goethe und Schiller. Wie müssen wir nicht hundertmal, so oft von einem neuen Dichter die Rede ist, hören: "Aber ein Schiller ist er nicht!" wie widerwärtig klingt es nicht gerade den wahren Verehrern dieser großen Geister an die Ohren, wenn sie sich immer und immer wieder sagen lassen müssen: "Es ist doch etwas Herrliches, unser Schiller!" Hätte man sie doch erst recht verstanden, diese großen Dichter, hätte man doch einsehen gelernt, was das Große an ihnen ist! Aber man verehrt die Todten meistens nur als die Feinde der Lebendigen. Sie würden eine sauersüße Miene dazu machen, diese guten Leute und schlechten Aesthetiker, wenn man ihnen recht unwiderleglich demonstrirte, daß in den gefeiertsten Gedichten Goethe's prosaische Stellen vorkommen, wie man sie an keinem lebenden Dichter dulden würde, ohne über ihn den Stab für immer zu brechen, daß die herrlichsten Dithyramben Schillers, wenn wir sie nicht von Kindheit auf mit der Bewunderung der Pietät anzusehen gewöhnt wären, unserem Bewußtseyn vielfach komisch vorkommen würden, daß – mit Einem Worte – die Größe dieser Männer ganz wo anders zu suchen ist als da, wo man sie gewöhnlich findet, daß die Nation im Ganzen, trotz der vielen Commentare, über das Ausgezeichnete und das Verwerfliche an ihren beiden größten Classikern noch so gut wie keine Ahnung hat.

Man kritisiet also in der Regel, ohne kritisch zu seyn, und man verlangt positive Leistungen, während man doch selbst aller Selbstständigkeit und Produktivität den Lebensnerv zum voraus abschneidet. Immer und überall kehrt jener Zwiespalt wieder, daß man nicht weiß, was man will, daß man zwischen Idealismus und Materialismus, zwischen absoluter Negativität und gewaltsamem Drängen nach Positivem, Lebendigem hin und her schwankt. Daher auch die immer unentschiedene und stets auf [209] neue wieder diskutirte Frage, welches der wahre Dichter sey, der in objektiver Ruhe und Sicherheit über den Gegenständen stehende oder der mit lebendiger, subjektiver Begeisterung mitten in dem Strom der Zeit schwimmende, ihren leidenschaftlichen Kämpfen sein begeisterndes Wort leihende, auf der Zinne der Partei streitende. Wir erinnern uns noch wohl, wie dieser Streit aus Veranlassung der Herwegh'schen Gedichte seiner Zeit in wissenschaftlicher Weise geführt wurde, wir haben ihn aber auch im gewöhnlichen Leben jeden Tag, denn das stehende Thema ästhetischer Conversation, welches der größere Dichter sey, ob Goethe, ob Schiller, ist nichts anderes als eine so zu sagen praktische Wendung jener theoretischen Frage.

Von ihr haben wir auch bei der Untersuchung nach dem Verhältniß der Poesie zu den übrigen Richtungen und Strebungen der Zeit auszugehen; und zwar scheint es dabei nicht anders seyn zu können, als daß wir den Dichtern, welche an den Kämpfen der Gegenwart unmittelbaren Antheil nehmen, uns bedingt den Vorzug einräumen; denn wie könnte sonst von Beziehung, Zusammenhang, Wechselwirkung die Rede seyn? Wir sind aber im Gegentheil der Ansicht, daß diese beiden Kategorien, subjektiv und objektiv, praktisch und unpraktisch, wenn man so sagen darf, bei der eigentlich künstlerischen Beurtheilung poetischer Produkte schlechterdings nicht maßgebend seyn dürfen, daß die Frage darnach eine ganz müßige und verkehrte ist. Denn daß die wahre Poesie die politischen oder socialen oder religiösen und philosophischen Probleme ebensowenig in doktrinärer Nacktheit aufgreifen, als sich denselben, der Bildung und geistigen Atmosphäre ihrer Zeit ganz entziehen dürfe und könne, beides versteht sich gleich sehr von selbst. Jeder ächte Dichter von eigener gediegener Persönlichkeit wirkt auf seine Zeit ein und man kann schwerlich sagen, wer dieß in höherem Grade gethan, ob z. B. Goethe oder Schiller. Man ist ja über die praktische Einwirkung selbst so wenig im Reinen, daß mit demselben Rechte, mit dem wir sie beiden Dichtern vindiciren, Börne von ihnen sagen konnte: "armes deutsches Volk! das sind deine beiden Consule, der eine, der sich über die Wolken zum Empyreum aufschwingt, der andere, der sich vor den Forderungen der Zeit in ein Mausloch verkriecht." Weil es ebenso gewiß ist, daß es bei [210] einem Dichter nie auf die Form allein, sondern gleich sehr auf die ganze geistige Richtung ankommt, als daß man nie nach seiner Tendenz an sich, sondern darnach vor allem fragen muß, auf welche Weise er dieselbe vertritt, weil diese doppelte Wahrheit sich jedem aufdrängt, wenn er sich derselben auch nicht klar bewußt wird und nicht im Stande ist, beide widersprechende Seiten derselben zu vereinigen, deßwegen hören wir auch alle Tage und oft aus demselben Munde die entgegengesetzte Klage, daß unsere neueste Poesie gesinnungslos und daß sie tendenziös, daß sie politisch und daß sie unpolitisch sey.

Nicht beurtheilen also wollen wir die neuesten Lyriker nach ihrer Stellung zu den Fragen der Gegenwart – wir haben es hier überhaupt gar nicht mit ästhetischer Kritik zu thun – sondern die Art und Weise ihrer Betheiligung oder Nichtbetheiligung an denselben soll nur die Richtschnur seyn, nach der wir sie gruppiren, um die Bedeutung der neuesten Lyrik überhaupt für das ganze geistige Leben der Gegenwart näher kennen zu lernen.

Daß sich unsere Dichter den Anforderungen ihrer Zeit entziehen, wird man überhaupt nicht sagen können. Die politische Bewegung hat die ganze Generation so tief, bis auf die niedersten Schichten herab, ergriffen, daß sich kaum jemand indifferent verhalten kann. Bei dieser allgemeinen Aufregung und Zersplitterung ist auch den Dichtern nicht mehr, wie früher, die göttliche Sorglosigkeit, die olympische Ruhe vergönnt. Gerade dieß ist ja der Hauptgrund, aus dem wir keine klassischen Dichter mehr haben können, weil die Zeit selbst keine klassische mehr ist. Unter klassischer Zeit verstehen wir nämlich die Periode in dem Leben eines jeden Volkes, in welcher die beiden entgegengesetzten Pole, der reale und ideale, die sittliche Richtigkeit und die geistige Freiheit, Inhalt und Form im schönsten Gleichgewicht zu einander stehen. Dieser Sättigungspunkt ist nun jedesmal ein schnell vorübergehender, er läßt sich durch keine Gewalt fixiren und kehrt nie wieder. Vor seinem Eintritt ist es immer die reale Basis, die naturmäßige Kraft und Gediegenheit, welche vorherrscht; nachdem er vorüber ist, pflegt das spiritualistische Princip die Oberhand zu gewinnen, ein Intellektualismus, dem aber, je abstrakter und raffinirter er ist, um so mehr auch stets ein ungleich ertremer und raffinirter Materialismus beigemischt seyn [211] wird. Diesen Verlauf nahm die griechische und römische Bildung und auf diesem Stadium, wo Idealismus und Materialismus ihre gemeinsame natürliche Basis verloren haben, wo beide in abstrakter Trennung, in resultatlosem Antagonismus sich abarbeiten, ist augenscheinlich auch die unsrige angekommen.

Die großen Dichter des vorigen Jahrhunderts nun trafen gerade in diese Zeit des Gleichgewichts, der schönen Harmonie von Realem und Idealem, Aeußerem und Innerem, sie halfen sie herbeiführen und verliehen ihr den vollkommensten, den klassisch-schönen Ausdruck. In dieser Zeit der allgemeinen Sättigung und Befriedigung konnte nicht nur ihre eigene Individualitat sich viel ungebrochener entfalten, sondern das mit sich selbst noch nicht entzweite allgemeine Bewußtseyn mußte auch eine ungetheilte, unwidersprochene Anerkennung zur Folge haben. So vieles hatten jene Begünstigten vor den Epigonen voraus, und ohne Anstand wird man behaupten können: wären sie in unseren Tagen geboren, so würden auch sie nicht gegen die Götter kämpfen, sie würden ihr Haupt nicht so unangefochten in den Himmel erheben können.

Wie ganz anders jetzt alles ist, brauchen wir kaum zu sagen. Den innern Gegensatz, in welchen die Zeit gespalten ist, haben wir eben vorhin nachgewiesen. Aeußerlich manifestirt er sich in dem Gegenstreben der Reaktion und Opposition, welches mit seinen unzähligen Zweigen und Schattirungen durch alle Gebiete des Lebens hindurchgeht. Außerhalb dieses Conflikts ist es nun auch für den Dichter kaum möglich sich zu stellen; er wird in den Wirbel hineingerissen, er ist befangen und wird Parteimann, ohne daß er es weiß und will. Nirgends trägt ihn eine ganze Zeit; was ihm von der einen Seite an Anerkennung zu Theil wird, schlägt ihm auf der andern ebensosehr zum Nachtheil aus, er verliert fast immer ebensoviel als er gewinnt. An den einzelnen Talenten liegt es daher gewiß nicht, sondern an der ganzen Zeit, wenn wir keine großen Gestalten haben und unsere Klage über die allgemeine Mittelmäßigkeit der Dichter ist immer zugleich die schlimmste Selbstanklage.

Nur einen unter den bedeutenderen lebenden Dichtern wissen wir daher zu nennen, welcher ganz unberührt ist von dem Streit der praktischen Tendenzen, der, vom Markt zurüdgezogen, bloß [212] der Muse lebt. Es ist vielleicht der begabteste von allen, Mörike. Mit dem schalkhaften Humore des ächten Dichters hält er die gemeinen empirischen Existenzen von sich ferne, um ungestört in dem reinen poetischen Genuß zu schwelgen; er sitzt gleichsam in einer ambrosischen Wolke, um aus derselben heraus seinen luftumwundenen Speer zu werfen. Wie hat ihn nun das Publikum aufgenommen? An äußerem Erfolg steht er hinter den meisten, auch die unendlich unter ihm sind, zurück; kaum hat die Sammlung seiner Gedichte eine zweite Auflage erlebt. Nur wenige, die eigentlich ästhetisch Gebildeten, wissen sein Verdienst zu würdigen, während der Menge immer das Organ für die reine Poesie abgeht.

Welchen Schluß haben wir nun hieraus für die Stellung der Zeit zur Poesie zu ziehen? Daß man das Gediegene, das eigentlich Schöne gegen das die Leidenschaften der Massen Aufregende, gegen den oratorischen, pathetischen Effekt zurücksetzt, ist keine temporäre Erscheinung, sondern in dem Wesen der Poesie wie des Publikums selbst gegründet; es war nie anders. Wenn man sich, von dem Weihrauch einer ostensibeln Verehrung unverblendet, nach dem eigentlichen Sachverhalt umsehen wollte, so würde man finden, daß auch Goethe und Schiller, auf die wir als auf die populärsten Beispiele immer wieder zurückommen müssen, keineswegs so eifrig gelesen werden, als die vielen Ausgaben schließen lassen könnten, durch welche sie in Aller Hände gebracht werden. Man würde sich leicht überzeugen, daß die Klassiker in den meisten Fällen auf den Brettern zur Parade stehen bleiben, während der Geschmack, wo er sich nicht zu geniren braucht, mit Heißhunger über die leichtere Waare herfällt. Aber die Macht hatte wenigstens in früherer Zeit der höhere Geschmack, daß das übereinstimmende Urtheil der Gebildeten dem Publikum eine poetische Erscheinung als eine hervorragende, klassische gleichsam octroyiren konnte. Die Gegenwart hat sich, was allerdings als ein großer Fortschritt anzusehen ist, von aller derartigen Autorität emancipirt, eben darum geht nun aber auch das Urtheil in der größten subjektiven Mannigfaltigkeit durcheinander, von einer allgemeinen nationalen Anerkennung, wie vor fünfzig Jahren, kann nicht mehr die Rede seyn. Dabei versteht sich von selbst, daß das losgelassene Urtheil seine Gunst immer [213] nur dem zukehrt, was seinen sonstigen Wünschen und Bedürfnissen, der Sucht nach Neuem, Abenteuerlichem, den politischen oder religiösen Sympathien entgegen kommt.

In der sogenannten klassischen Zeit war ein allgemeiner Idealismus zur Herrschaft gelangt, der sich mit der realen Welt noch nicht in feindlicher Spannung befand, in dessen Fluß sich vielmehr die verschiedenartigsten Bestrebungen ohne Widerstand aufnehmen ließen, um aus diesem Bade vergeistigt hervorzugehen und so ein allseitig harmonisches Daseyn zu constituiren. Gegenwärtig wird umgekehrt der ideale Arm nur durch willkürliche Dämme und Schleußen in den breiten Strom des Materialismus herübergeleitet; beide laufen mit unvermischten Wellen bloß eine Zeit lang äußerlich neben einander her, um nicht gegenseitig in einander über- und aufzugehen, sondern sich nur einige ihrer Eigenschaften mitzutheilen, wodurch das Wesen einer jeden nicht positiv gefördert, sondern nur alterirt und depotenzirt wird. In diesen Gegenstrom nun kann der klare, ruhige Quell der reinen Poesie nicht einwirken, er wird immer wieder gegen seine Quelle zurückgetrieben, während nur die von anderweitigen Interessen und Leidenschaften geschwellten Gießbäche sich, für einige Zeit wenigstens, ihr eigenes Rinnsal einzureißen vermögen. Verläuft sie nun aber deßwegen vergebens, jene ungetrübte, leidenschaftslose Poesie, setzt sie gar nichts ab an dem Strand des sie so hart zurückstoßenden Lebens? Gewiß nicht. Man kann natürlich den unsichtbaren geistigen Wirkungen nicht nachrechnen, ganz unbestreitbar aber läßt sich auf den Einfluß solcher idealen Potenzen das schöne Wort Goethe's im westöstlichen Divan anwenden:

Sie wirft poetische Perlen an den Strand,
Und das ist schon Gewinn des Lebens.

Als einen weiteren Beweis dafür, daß in der neuesten Zeit die verschiedenen Richtungen nicht harmonisch in einander übergreifen, es nicht zu einer klassisch-ruhigen Eristenz zu bringen im Stande sind, sondern nur gewaltsam sich einwühlen, wollen wir eine andere Erscheinung anführen, einen Dichter, der mit Mörike allerdings das gemein hat, daß er nicht mit dem Strom der Zeit schwimmt, im übrigen aber ihm ferner steht als irgend ein anderer. In Mörike's Gedichten treten nämlich die modernen Tendenzen zwar nirgende specifisch und ausdrücklich hervor, [214] seine Anschauung hat vielmehr das Klassische zu ihrer Hauptgrundlage, dabei weiß er jedoch auch das Romantische und Mystische mit poetischem Sinn zu würdigen, nirgends aber setzt er sich in Opposition zu der Gegenwart, sondern überall ist seine Dichtung von dem Hauch allgemeinster Bildung getragen. Oskar v. Redwitz dagegen, an den wir jetzt kommen wollen, spricht es mit aller Energie als seinen Beruf aus, gegen den Strom der Zeit zu schwimmen:

Mein Herz, nun streite
Gen's Wogengebraus,
Strom auf ich schwimme,
Mein Ziel ist fern.

Und wenn sie ihn locken, und wenn sie ihn küssen wollen die reizenden, holden Gestalten, die am Strande des Stroms sitzen, auf dem sich die übrigen Schwimmer mit trunkenem Behagen zu Thal tragen lassen –

        Du falscher Kuß,
        Es fruchtet dir nichts!
        Ich muß, ich muß
        Zur Quelle des Lichts!

          Zur heil'gen Zion,
          Da steur' ich hin.

Drum ist die Welt auch kalt und arm,
Am Kreuze schwebt mein Saitenspiel!
Mein Herz ist reich und liebeswarm –
Den Herrn besingen ist mein Ziel.

Es ist über keinen Dichter so schwer ein unparteiisches Urtheil zu fällen, als über diesen. Da er sich nicht gegen einzelne Verirrungen, gegen die Extreme der Zeit kehrt, sondern seine ganze poetische Existenz keinen andern Grund hat, als den durchaus negativen der reinen Opposition gegen die ganze Zeit, so kann man nicht einzelne Seiten an ihm hervorheben, sondern man kann ihn nur entweder enthusiastisch aufnehmen oder durchaus verwerfen, man muß Partei für oder gegen nehmen. Bei aller Mäßigung und bei allem Streben nach Gerechtigkeit wird man doch eine solche rein negirende Poesie nicht anzuerkennen vermögen. Mit den Dichtern, welche in socialer oder religiöser Beziehung dem entschiedensten Fortschritt huldigen und es für [215] ihre Aufgabe ansehen, durch die Poesie den Ideen, von denen sie begeistert sind, allgemeinen Eingang zu verschaffen, ist man doch in einem ganz andern Falle. Wenn man einzelne tendenziöse Aeußerungen mißbilligt, so bleibt doch immer so vieles, was der allgemeinen Anschauung angehört, worüber man also auch ganz unbefangen nur nach den allgemeinen Gesetzen des Schönen urtheilen kann. An einem Dichter, dessen Princip wir sonst durchaus mißbilligen, kann uns die Behandlung natürlicher Verhältnisse oder menschlicher Zustände, welche gegen jene Tendenz gleichgültiger sind, in hohem Grabe gefallen, z. B. erotische oder Naturschilderungen. Ist aber das Princip ein solches, daß es auch in derartige Verhältnisse und Zustände überall hemmend und zurückschraubend eingreifen zu müssen glaubt, daß es auch sie nicht friedlich bestehen lassen kann, ohne in ihre natürliche Unmittelbarkeit eine ganz fremdartige Tendenz hineinzutragen, so ist dieß nicht nur ein Gegenstoß gegen die Richtung der Zeit, sondern ein Verstoß gegen den Geist der Poesie, gegen die Natur, gegen die von jeder Zeitrichtung unabhängige Schönheit. Ein solcher Widerspruch, eine solche gewaltsame Vermengung des Heterogensten, eine Auseinanderreißung oder eine äußerliche Zusammenstellung dessen, was nur in immanenter Durchdringung schön und wahr ist, bildet aber den Grundzug dieser Gedichte. Man wird eine gleich große Versündigung an der Natur wie an der Religion darin finden müssen, wenn ein Liebender der Geliebten zuruft:

O liebe mich! – doch Gott noch mehr.

Ganz Frembartiges wird in das natürlichste Verhältniß hereingetragen, wenn der Dichter ihr wehrt, ihn deßwegen noch mehr zu lieben, weil er ein Sänger sey, wenn er sagt:

Und für den Sänger deine Lieb'
Gieb dem, der ihm sein Singen gab!
Dem Herrn des Lichts und Klangs sie gib!
Von mir ich keine Lieder hab'.

Geradezu verletzt wird das reinste Gefühl, wenn er das angebetete Kind, "die süße Frau" ermahnt, bei seinem Umgang nicht zu schlummern, sondern die junge Seele bang zu hüten, damit, wenn er von ihr gehe, nichts Sündiges darin bleibe:

[216] Ach, wenn ein Flecken drinnen blieb!
Durch mich, durch mich aus lauter Lieb' –
O hüte bang die junge Seele!

Solch arge Gedanken darf kein Liebender, kein Dichter, kein Frommer haben, so darf er nicht das, wovon er gar nicht sprechen kann, wenn er nicht an seine Reinheit und Heiligkeit glaubt, durch schnöde Seitenblicke und Sündenzweifel entweihen.

Nehmen wir nun den ungeheuren Erfolg, welchen gleichwohl dieser Dichter 1 vor allen andern hatte, und vergleichen wir damit die Dunkelheit, in welcher dagegen der poetisch unendlich höher stehende Mörike geblieben ist, so müssen wir die Behauptung bestätigt finden, daß der durch allerlei praktische Tendenzen, durch die leidenschaftlichsten Parteiungen hin und hergezogenen Zeit die Ruhe fehlt, das an sich Schöne, das rein Poetische zu genießen, daß ihr das Ideale nur im Zusammenhang mit solchen Tendenzen und Parteiungen auf gewaltsame Weise zugeführt wird, ohne daß dasselbe eine selbstständige Lebensmacht zu werden vermöchte, wie es der poetische Idealismus der klassisdien Zeit war. Gerade je abstrakter gegenwärtig der Idealismus auftritt, je ferner sein Standpunkt, desto mehr hat er Aussicht, der abgestumpften Zeit sich aufzudrängen.

Man wird sich um so leichter erklären können, warum ein der Strömung der Zeit so geradezu entgegenstrebender Dichter gleichwohl einen so außerordentlichen Anklang finden konnte, wenn man nun auch die eigentlichen Elemente der modernen Poesie ins Auge faßt. Es gibt nämlich bestimmte poetische Vorwürfe, von denen jebermann sogleich sagt: sie sind modern, an ihnen erkennen wir den auf dem Niveau der Zeit stehenden Dichter. Aber auch bei diesen fragt es sich gleichwohl sehr, ob sie wirklich modern sind, ob sie das wahre Wesen, die eigentlichen Bedürfnisse der Zeit ausdrücken und ihnen befriedigend entgegen kommen. Wenn man genauer zusieht, wird man hierüber sehr zweifelhaft werden, ja man wird geneigt seyn, der allgemeinen Meinung als einer oberflächlichen, ungegründeten geradezu zu widersprechen, und zu behaupten, daß alle diese Themate dennoch das Wesen der Zeit und ihre Forderungen nur äußerlich [217] berühren. Wie wir vorhin auf das Schwanken aufmerksam machen mußten, in welchem sich die öffentliche Meinung darüber befindet, ob die Poesie subjektiv oder objektiv, politisch oder unpolitisch, praktisch oder unpraktisch seyn soll, ebenso ist hier auf die weniger auffallende und allgemein erkannte, aber nicht minder wichtige Thatsache hinzuweisen, daß man ganz in derselben Ungewißheit über den Begriff des Modernen ist. Wir meinen damit keineswegs den alltäglichen Streit der Parteien, ob das Conservative, Reaktionäre oder das Oppositionelle, Progressive, das Moderne, das wahrhaft Zeitberechtigte sey, sondern wir halten uns an den allgemeinen Sprachgebrauch und verstehen unter dem Modernen den politischen und religiösen Liberalismus, wie er auch in den namhaftesten unserer neueren Dichter seine Organe findet. Dagegen gedenken wir nun aber zu beweisen, daß in diesem poetischen Liberalismus die Zeit nur scheinbar ihren vollen Ausdruck findet, daß sie an seinen stehenden Figuren und Schlagwörtern keineswegs ein volles Gefallen findet, sondern wissentlich und geflissentlich sich selbst mystificirt.

Um dieß an dem lehrreichsten Beispiele zu zeigen, wählen wir "die Göttin, ein hohes Lied vom Weibe, von R. Gottschall." In diesem Gedichte sind sämmtliche sogenannten Zeitideen in eigenthümlichem Zusammenhang und in begeistertster, überschwänglicher Form vorgetragen. Das Grundthema ist das Weib, die Emancipation der Frauen, ihre Verehrung in modernster Form:

Der Geisterharem ist gesprengt,
Der Frau'n zum Liebesdienst verdammt,
Der ihnen rings die Welt verhängt,
Durch welche Allahs Sonne flammt.
Die freien Erbinnen des Lichts,
Nicht müß'ger Stunden Zeitvertreib,
Kein fleischgeworden geistig Nichts;
Nein, seine Gottheit fühlt das Weib.

Die Göttin der Vernunft soll thronen
In freier Frauen Heiligthum!

Hieran knüpft sich dann von selbst die Vergötterung Griechenlands, seiner göttlichen Schönheit und Liebe, "Venus Anadyomene," und als nothwendiges Correlat die ausgesprochenste Feindschaft gegen das schönheitsfeindliche Christenthum.

[218] Der schönen Liebe Griechenlands
Reißt man vom Haupt den duft'gen Kranz.
Die Götter alle sind entfloh'n,
Und in der Welt, der lebenssatten,
Blüht nur die Blume der Passion
Empor in eines Kreuzes Schatten
. – –

Der holde Schleier der Welt zerreißt,
Das Gewebe der heiteren Dichtung!
Empor aus den Tiefen steigt der Geist,
Der finstere Geist der Vernichtung.

Doch hiemit ist das Specifische, das Pikant-Moderne noch nicht vollkommen ausgesprochen. Dieser Gegensatz, wenn auch nicht in der letzten, äußersten Spannung, war den classischen Dichtern gleichfalls nicht fremd; man denke nur an Goethe's Braut von Corinth. Ganz modern aber ist die Apotheose Voltaire's, Bayle's, Spinoza's, aus denen die Heldin

– – schlürft den geistigen Feuerwein
Mit dürstender Seele rastlos ein,
Bis er durch ihre Adern kreist,
Ihr eigenes Blut, ihr eigener Geist.

Aus diesem Samen gehen dann erst die schillerndsten Blumen auf, wie wenn es von der angehenden Nonne heißt:

Du wirst die Braut von Jesu Christ,
Durch himmlische Lieb' verklärt;
Und nebenbei, was das Beste ist,
Ganz sorgenfrei ernährt!

Der Tausend mit sieben Broden geletzt,
Gesättigt ein gläubigs Vertrau'n:
Er speiset mit einem Herzen jetzt
Die Liebe von tausend Frau'n.

Dahin gehört der "Schmerzensgott," wie der christliche Gott in einem an den kirchlichen Ton sich anschließenden Gedichte genannt wird:

Maria , o lerne beten
Zum Gott der Schmerzen,
Er hat zertreten
Viel tausend Menschenherzen.

In einem folgenden wird der Glaube ein "gnadenloser Herodes" genannt, der "würgt die jungen Kinder des Glücks."

[219] Das Blut, das aus diesen Wunden rinnt,
Muß blutige Früchte tragen,
Und die Nägel an diesem Kreuze sind
In den Sarg der Menschheit geschlagen.

Aehnliche Stellen, die mit dem Positiven spielen und es durch witzig-pikante Umdeutung sicherer aufzulösen gemeint sind, als durch geharnischten Angriff, kommen überall vor; wir wollen nur noch die eine hersetzen, die Alles umfaßt und durch Inhalt wie durch Form gleich charakteristisch ist:

Das ist der Kelch von Gethsemane,
Der nimmer noch ausgetrunken,
Die Offenbarung vom ewigen Weh,
In das die Menschheit versunken.

Die Ingredienzien dieses Gedichts, die wir bisher kennen gelernt und, weil dasselbe den Kreis des Modernen nach seinem ganzen Umfang vollständiger umschreibt als ein anderes, so ausführlich mitgetheilt haben, sind: Cultus des freien, des geistreichen Weibes; Sehnsucht nach den heitern Göttern Griechenslands und Abscheu vor dem Christenthum, als dem Geiste der Vernichtung, der Offenbarung vom ewigen Wehe der Menschheit. An sie schließt sich an die Revolution, insbesondere die in ihr aufgetretenen Heldinnen, "die Frauen der That."

Die Frage ist jetzt, ob die Männer der Gegenwart, die wirklich an den Kämpfen der Zeit einen energischen Antheil nehmen, in allem diesem das sie bewegende Pathos finden, ob sie davon ernstlich begeistert und befriedigt seyn können. Was zuerst die Vergötterung des Weibes, das "Heiligthum freier Frauen" betrifft, so werden damit ohne Zweifel die "Männer der That" so wenig einverstanden seyn, als die des Gedankens. Die Emancipation der Frauen hat sich bei manchen Dichtern, die in diesem Punkte den Namen der Schwärmer nicht mit Unrecht führen, als ein von Anfang an halb aufgegebener, als ein ganz verlassener Posten seit Jahrzehnten forterhalten, sie hat für Augenblicke Furore gemacht, ist aber jedesmal vor der gesunden öffentlichen Meinung und der Nothwendigkeit der natürlichen Verhältnisse schnell wieder wie eine Seifenblase zerplatzt. Sie ist daher wohl geeignet, poetischen Effekt zu machen, ohne ernstlichen Widerstand fürchten zu müssen; es wird ihr aber andererseits [220] auch stets an wirklicher Theilnahme fehlen; man läßt sie in einer täuschenden Mitte zwischen brillanter Zeitidee und lächerlichem Humbug stehen.

Es gibt freilich einen Cultus des Weibes auch ohne diese Freiheit, von deren Realisirung man eine bestimmte Vorstellung noch viel seltener hat, als von der damit gewöhnlich zusammengewürfelten politischen. Gerade zur Zeit der klassischen Poesie stand der Frauencultus in seiner schönsten Blüthe. Weil damals von socialer Frage noch gar keine Rede war, so konnte ein allgemeiner, an den concreten Verhältnissen sich noch nicht stoßender Idealismus um so ungestörter in dem Weibe die Verkörperung aller seiner Sehnsuchtsträume finden. Gegenwärtig aber sprechen wir es fast nur noch wie eine poetische Reminiscenz nach:

Ehret die Frauen, sie flechten und weben Himmlische Rosen ins irdische Leben.

Unsere Zeit ist viel zu sehr in ihre praktischen Tendenzen versenkt, als daß ihr Fühlen so ganz in der Verehrung des Weibes aufgehen könnte, wie dieß in jener Periode der schönen Subjektivität, der in sich selbst befriedigten ästhetischen Bildung, möglich war. Wir schätzen an dem Weibe bereits nur noch das Pikante, das geistig oder leiblich Abnorme, nicht die wirkliche Schönheit und Liebenswürdigkeit; wie wäre dabei eine ernstlich gemeinte Verehrung des Geschlechts in dem Sinne möglich, in welchem dieselbe früher eine wirkliche Potenz des allgemeinen Lebens war? Auch hier gilt ohne Zweifel das eben Gesagte, daß man diese erotische Form der Poesie als einen überkommenen Typus stehen läßt, weil man eben nichts Besseres an seine Stelle zu setzen weiß, daß aber von einem vollständigen Aufgehen unseres Denkens und Fühlens in derselben keine Rede seyn kann. Oder mit andern Worten: der Idealismus ist hier, wie fast in allen Gebieten, ein bloßer Firniß, der das materialistische Leben nicht wirklich durchdringt, sondern es nur mit einer lügenhaften Maske bedeckt, die aber niemand abreißen will, weil es einmal so hergebracht ist, weil man nicht auch vollends das beste, woran man noch eine allgemeine ideale Betheiligung voraussetzen zu dürfen glaubt, schonungslos niederreißen möchte.

Ganz ebenso verhält es sich mit Hellas und seinen Göttern. Auch diese Sehnsucht ist eine aus einer ganz andern Zeit stehen [221] gebliebene leere Form und Hülse, ein Tempel, der selbst in Trümmer zerfallen ist, den die einst so zahlreichen Schaaren seiner Verehrer treulos verlassen haben. Wir verehren freilich Griechenland immer noch, aber wir betrachten es doch mit ganz andern Augen als Goethe und Schiller; uns steht es nicht mehr in einziger poetischer Hoheit da, wir wollen es "denkend" erfassen, und als "überwundene Stufe" in den "allgemeinen Proceß" einreihen. Diese Stellung der Zeit zu dem klassischen Humanismus, dem Schön-Menschlichen, das Recht und Unrecht, welches die Philosophie dabei hat, ist sehr richtig und schön ausgedrückt in dem Gedicht: "der verhängnißvolle Tanz," von Fischer:

. . . . nicht Götter kennt
Der neue Denkerorden;
Was soll das alte Regiment,
Wenn neu das Reich geworden?

Für jung und alte Clerisei
Ist kommen die Zeit, zu sterben,
Und deine Göttertyrannei,
Ich schlage sie baß in Scherben.

Laß fahren den Traum der verklungenen Welt,
Dein Sehnen, das götterkranke! u. s. w.

Der Kampf zwischen Realismus und Humanismus ist zu Gunsten des ersteren entschieden; das götterkranke Sehnen, der Traum der verklungenen Welt, er erfaßt die Geister nicht mehr mit der überwältigenden Kraft, wie in der Zeit des unglücklichen Hölderlin; diese Zeit ist uns selbst schon wieder eine verklungene, und wir wandeln in ihr nur noch wie im Traume.

Aber die freigeistige Tendenz, die Opposition gegen alles Positive, Dogmatische, sie wird doch wohl endlich etwas wirklich Modernes seyn, etwas, womit es unserer Zeit wahrhaft ernst ist. Allerdings wird es gar keinem Zweifel unterliegen, daß eine Romantik, wie z. B. die Redwitz'sche, wenn sie uns auch für einige Zeit aufgedrängt wird, sich nie wird auf die Länge halten können gegen den Andrang des nach vorwärts strebenden, die alten Autoritäten schonungslos negirenden modernen Geistes. Man thut der Zeit gewiß kein Unrecht, wenn man zugibt, daß die Zweifel und Systeme von Bayle und Spinoza, von Feuerbach und Strauß die Substanz ihres Bewußtseyns bilden. Ebenso [222] gewiß aber ist es ganz gegen den Geist dieser Zeit, wenn man diese Zweifel oder Behauptungen meint mit Heine'scher Frivolität aussprechen, der Religion mit höhnendem Witz zu Leibe geben zu dürfen. Dazu sind wir abermals zu philosophisch und zu praktisch zugleich. Theoretisch haben wir das Alte als etwas Veraltetes erkannt und geben die meisten Angriffe, die in gleicher Weise darauf geführt werden, als vollkommen berechtigt zu; ja wir freuen uns ihrer in dem Maße, in welchem man uns jenes Alte in längst abgestandener und doppelt wieder aufgewärmter Form immer aufs Neue vorsetzen und einzwängen will. Weil wir aber das Neue, das wir ernstlich suchen, noch nicht gefunden haben, so sind wir auch hier in die Mitte gestellt. Alle die poetischen Diatriben über eine Religion der Zukunft, sie befriedigen uns nicht, sie sind uns nichts als hohle Phrasen. Darum lassen wir das Positive, wenn es uns nur nicht unmittelbar genirt, stehen und sehen auf den frivolen Witz, der in knabenhaftem Uebermuth nicht müde werben kann, die granitnen Mauern mit Vogeldunst zu beschießen, als auf eine untergeordnete Freigeisterei, auf den Standpunkt der Halbbildung herab. Nicht eine aggressive Freigeisterei, sondern eine freigeistige Indifferenz liegt offenbar in dem Wesen der Zeit; sie weiß auch hier nicht, nach welcher Seite hin sie ihr eigentliches Interesse wenden, in was sie mit vollstem Pathos sich einlassen soll.

Dasselbe in Beziehung auf die politischen Ideen nachzuweisen, wäre wohl noch leichter. Das Romantisch-Patriarchale vermag uns nicht mehr zu rühren, das Ritterthum mit seiner Andacht und Minne ist für uns so etwas Ausgeschöpftes, daß alle Versuche seiner Neubelebung ihm keinen Reiz mehr zu geben vermögen. Auf der andern Seite aber sind uns auch alle die politisch-apocalyptischen Träume von einem tausendjährigen Reiche auf Erden, von Freiheit und Gleichheit, von Friede und Gerechtigkeit, die sich küssen werden, nichts als leere Phrase. Die Periode der Unschuld liegt überhaupt hinter uns, wir sind in die Unterscheidungsjahre getreten, in denen gar nichts mehr ganz gut ist, Alles den Schimmer der paradiesischen Vortrefflichkeit für uns verloren hat.

Bei diesem in allen Stücken gebrochenen Interesse, bei der dadurch überall herausgeforderten Reflexion ist sehr begreiflich, [223] wie einer der ausgezeichnetsten Aesthetiker und Kritiker der Gegenwart erklären konnte: man möge ihm ein neueres poetisches Gericht vorsetzen, welches man wolle, überall werde er das Haar der Reflexion in der Suppe finden. Wer will nun unter diesen Verhältnissen dichten, wer will die von allen Seiten angezweifelte und angefressene Welt, in welcher auch gar nichts mehr auf allseitige Anerkennung und Haltung Anspruch machen kann, mit dem poetischen Nimbus umkleiden, ohne daß durch den zerrissenen Mantel der Dichtung überall die prosaischen Ecken und Spitzen hervorstehen, wie die Eselsohren aus der Löwenhaut? Oder vielmehr, da das Dichten formell immer leichter wird, je mehr ihm die materielle Grundlage entzogen ist, da die allgemeine Routine der technischen Form die Poesie zu einem leichten Handwerke macht, wie können wir einen Dichter erwarten, der sich in dieser Zerrissenheit so behaglich ausbreite wie Goethe, den diese Mattigkeit und Apathie so allgemein, so gewaltig fortreiße, wie Schiller? Wer will ihn erwarten

Den hohen Sprossen,
Sein unverdrossen
Gewaltig Treiben,
Sein herrschend Bleiben,
Den Held, von Allen unbestritten,
Sein mächtig Wachsthum unbeschnitten,
Drauf nie ein Unglücksvogel saß,
Dem nie ein Wurm am Innern fraß?
                Fischer: "Zugleich ein Sänger und ein Held."

Wir haben das Gottschall'sche Gedicht benützt, um die allgemeine Anschauung zu schildern, welche der modernen Poesie überhaupt zu Grunde liegt. An dem gewählten Beispiele lernen wir diese Anschauung freilich in ihrer abstraktesten, in einer der Wirklichkeit am fernsten stehenden, mehr deklamatorischen als eigentlich poetischen Form kennen. Das, was wir als die jenem Gedicht zu Grund liegenden Ideen kennen gelernt haben, ist nun aber unläugbar die Substanz des bei weitem größeren und bedeutenderen Theils unserer neuesten lyrischen Poesie überhaupt, die wir im Ganzen als eine politische bezeichnen müssen – politisch im weiteren Sinn genommen – sofern sie die Hindernisse bekämpfen und wegräumen will, welche von den verschiedensten [224] Seiten her, vor allen von der religiösen und socialen, einer Umgestaltung der gesammten menschlichen Zustände entgegenstehen. Es hat die Poesie ganz richtig erkannt, daß der Boden der Gegenwart für sie, wie für alle übrigen Existenzen, ein unterhöhlter ist, in welchem nichts tiefere, bleibende Wurzel schlagen kann, daß nur auf einer ganz neuen realen Grundlage auch sie sich wieder zu selbstständigerem, ungestörtem Daseyn ausbreiten wird. Indem sie nun aber mit dieser neuen Grundlegung vollauf beschäftigt ist, bleibt sie vorerst – und sie theilt hierin nur das Schicksal aller übrigen Lebensgebiete – selbst in die Luft gestellt; während sie mit den Händen vorwärts und nach oben greift, fehlt ihr der Boden unter den Füßen; es ist daher ein eigenthümliches Gefühl der Unsicherheit, des Schwankens und Tappens, das durch sie hindurchgeht. Das augenfälligste und bezeichnendste Symptom dieser inneren Unruhe ist die überall gehörte, stets wiederkehrende Frage nach Stoffen, nach neuen Gegenständen, an denen sich die gegebenen Ideen aufs kräftigste und originellste auslegen lassen. Denn mehr als irgendwo, kehrt in der Poesie stets der leidige Refrain wieder: "es ist Alles schon dagewesen." Der ganze Umfang der menschlichen Gefühle und Verhältnisse ist nach allen Seiten hin so erschöpft und die für diesen Inhalt möglichen Formen sind von den vorhergegangenen Dichtern in solcher Mannigfaltigfeit angewendet, daß man jedem nachkommenden mit leichter Mühe die verschiedenartigsten Anklänge nachweisen kann. Eine innere und äußere Nothwendigkeit treibt also die Dichter dazu, nach den modernsten Stoffen zu greifen. Daraus entspringt nun allerdings auf der einen Seite der Reiz, welcher dem Werdenden, noch in der Entwicklung Begriffenen immer eigen ist, andererseits aber muß die ruhige Schönheit und der ungestörte Genuß verloren gehen, welche nur bei einer vollendeten, fertigen Existenz möglich sind. Die beiden entgegenstehenden Vorzüge werden nun im verhältnißmäßig höchsten Grade diejenigen Produkte vereinigen, welche zwar von dem modernen Geist aufs entschiedenste erfüllt sind, die aber dabei sich am wenigsten von der Wirklichkeit entfernen, die nicht in eine mögliche oder unmögliche Zukunft sich verlieren, sondern die Gegenwart mit ihren Ideen zu bewältigen wissen.

Um dieß deutlicher zu machen, wenden wir uns wieder zu einem [225] concreten Beispiele, zu einem Dichter, welcher die moderne Anschauung in den mannigfaltigsten Situationen explicirt, zu Alfred Meißner. Alle Vorzüge, wie alle Uebelstände der modernen Poesie lernen wir bei ihm am besten kennen. Wir schwanken bei keiner Lektüre zwischen dem lebendigsten Genuß, den uns eine kräftige Gesinnung, eine hohe Begeisterung gewähren, und zwischen einer unbefriedigten, uns in die trostloseste Prosa der traurigen Gegenwart zurückwerfenden Mißstimmung.

Seinen Beruf als moderner Dichter zeichnet sich Meißner selbst aufs klarste vor, mit einer so scharfen Umschreibung, daß man dabei zum voraus für die poetische Freiheit und Unbefangenheit fürchten muß. In dem Gedicht "drei Poeten" unterscheidet er drei Gattungen von Poesie, welche man wählen könne: die historische, welche weit weg von einer kranken, schwachen Zeit zu den Todten wandert, um bei ihnen die Kraftgedanken zu holen; die Naturpoesie, die ebenfalls die Orte flieht, "Wo Menschen jammmern," um "die Natur, die ewige, zu umklammern," und endlich eine Poesie der Gegenwart, des Lebens:

    Mich treibt's zur Stadt, zur ungeheuren:
    Im Sammelplatz der Millionen,
    Bei Kampf und Leben muß ich wohnen.

Ich suche bei den Armen, Sünd'gen, Kranken
Des Schöpfers arg verstümmelte Gedanken.

Auf dem, welcher diese dritte Gattung wählt, läßt der Genius der Menschheit sein Auge mit Wohlgefallen ruhen, während er die beiden andern mit kaltem Blick ihre Wege gehen läßt.

Hier ist also die politische, die praktische Tendenz aufs entschiedenste als die Aufgabe des modernen Dichters bezeichnet. Fragen wir nun zuerst nach der religiösen oder philosophischen Grundlage, welche diese Poesie des Kampfes hat, so ist es die von allen Gedanken des Jenseits befreite, auf sich allein gestellte Kraft des Menschen, welche mit titanenhaftem Trotz sich am Kampfe freut.

Im Kampf allein ist heiliges Regen
Und Wollust nur in tiefer Pein;
O süßer Schmerz, o Fluch voll Segen,
O süßes Weh, ein Mensch zu seyn!

[226] Dann

.... in der Oede meiner Nächte
Erstand mir unter Qual und Lust
Der Gott mit allgewalt'ger Rechte,
Der Heiland – in der eignen Brust.

Hier haben wir also das, was man die Selbstvergötterung des Menschen zu nennen pflegt, die Religion des Diesseits. Auch von der Unsterblichkeit will er nichts wissen, wenn es nicht auch auf jenen Sternen noch "Schmerzen gibt und Kampf und Pein;" sonst ist ihm der Himmel zwar "klar – doch ach, wie leer!" Die Gottheit dieser Religion ist "der Geist, der die Geister alle durchgeistet, der tempellose Gott, der nicht durch Fasten und Kniebeugung, sondern nur durch die That erlösender Güte zu verehren ist." Es ist der Geist der Natur, mit deren heiligen Elementen der Erdensohn überall "seine Communion" feiert, wo er ihr Brod isset und ihren Wein trinkt, wie das christliche Mysterium in dem wirklich schönen Gedicht, "Communion" umgedeutet ist. Diese Religion des Diesseits, die sich in dieser Welt so viel zu thun macht mit des "Schöpfers arg verstümmelten Gedanken," die Alles nur von der eignen That erwartet, sie kann an keine fremde Erlösung glauben, sie kann überhaupt keine schon vollbrachte Erlösung zugeben:

Der auf Golgatha, der hat noch nicht
Die Erlösung dieser Welt gebracht!
Denn so lang der Menschheit Kern umnachtet,
Und der Noth noch tausend Herzen brechen,
Und ein Freier noch in Ketten schmachtet,
Kann der Thor nur von Erlösung sprechen.

In der "Vision" stehen daher die Todten auf gegen Gott und fragen ihn, ob er sie ohne Zweck zur Pein berufen, und fordern mit lautem Toben Ersatz von ihm, aber nur – um rücklings wieder in die Gräber zu sinken; – die Religion der Verzweiflung. Die bisherige Religion, das Christenthum, wird angeklagt, daß sie sich eine Religion der Liebe genannt, während der schöne Laut der Liebe nur von Pfaffenchören entstellt worden sey, um die Völker zu bethören, während der Menschheit Dränger immer im Namen der Liebe gekommen, um gerade dieses Gut der Welt zu rauben. Daher kann die Liebe nicht mehr das [227] Zauberwort auf Erden bleiben, sondern das Recht muß die Losung der Menschheit werden.

So kommen wir von der Religion zur Politik. Im Namen der alten Religion, unter dem Deckmantel der heucherischen Liebe sind bis jetzt die Menschen geknechtet worden:

Voll Sklaven steckt die Welt,
    Wer zählt die Menschenwogen,
Die um ihr Menschenthum
    Sich heut noch seh'n betrogen!
                                                          "Neue Sklaven."

Aber der "arme Mann" hat es endlich empfunden, daß auch er ein Mensch ist und ein Recht hat "auf einen Antheil Lenz und Leben." "Das Kind des Armen" hat Gott nicht bloß geschaffen für die Sünde, für die Lüsternheit der Reichen. Daher "den Reichen," welche dem Armen kaum noch schwarzes, hartes Brod und ein Stroh zur Sterbestätte gönnen wollen, die Drohung:

O stolzes Volk, du Volk der Reichen,
Sieh um sich her, erbebst du nicht?
Den Harten wird in Flammenzeichen
Entsetzlich nah'n ein Strafgericht.
Die Zeit der Herrn, sie ist gewesen,
Der Zorn der Unterdrückten loht.
Und sind des Menschenrechtes Thesen
Dereinst in Feuerschrift zu lesen,
So nimmt man mehr als schwarzes Brod.

Wer wollte läugnen, daß dieß lauter Gedanken sind, welche das Herz von Tausenden, vielleicht der Mehrzahl der Zeitgenossen erfüllen? Sie sind auch gewiß nicht ohne Fug und Recht, diese Klagen, die der Dichter in den meisten Fällen nicht bloß in deklamatorischer Allgemeinheit ausspricht, sondern denen er auch Fleisch und Blut, poetische Concretion und gestaltliche Rundung zu geben weiß. Und doch müssen wir uns immer wieder fragen: können wir ein reines Wohlgefallen an diesen schönen Gedichten haben, können wir das Pathos des Dichters ganz theilen? ist das der rechte Poet, dessen Gedanken ganz in diesen fixen Kreis gebannt sind? ist das eine Welt und ist es unsere Welt? So berechtigt einerseits sein Kämpfen ist, so scheint sich ihm doch selbst das Bewußtseyn aufzudrängen, daß die höchsten Namen, [228] die er nennt, oft nichts als leere Worte sind, daß er in die Luft streichet und gegen Phantome kämpft. Er selbst übt gegen die Vorstellungen, die seine begeisterte Phantasie erfüllen, eine sehr triftige Kritik; nur daß dieselbe nicht in die Gesammtheit seiner Poesie aufgenommen ist, sondern nur äußerlich in einzelnen Gedichten nachkommt, so daß sie nicht dahin wirken kann, das Ganze zu läutern und ihm eine höhere, objektivere Haltung zu geben. Es ist auch dieses nur eine Abspiegelung eines allgemeinen Gebrechens der Zeit, welche ihre entgegengesetzten Richtungen wohl richtig zu kritisiren, das Unberechtigte oder Mangelhafte einer jeden wohl aufzudecken weiß, aber nicht im Stande ist, diese einander gegenüberstehenden Seiten auszugleichen, eine durch die andere zu compensiren, sondern es bei der negativen Kritik bewenden lassen muß. So wird in dem Gedicht "Demos" auf die Anklage der Gesellschaft, welcher alle Sünde und Noth aufgebürdet werden will, ganz richtig entgegnet:

Nicht auf die Gesellschaft wälze du
Allzuleicht des Einzelnen Verbrechen.
Die Gesellschaft ist ein leeres Wort ...
Seiner Schuld ist jeder Einz'le schuldig.

Auf die stürmische Frage, ob denn des Geistes Licht nur für die Hohen sey, ob es niemals in die Niederung, in "die Massen" dringen werde, erfolgt die Antwort:

Für die Tiefen taugt kein Sonnenfeuer ...
Nie vernarben wird der Menschheit Wunde,
Doch die Menschheit, die Jahrtausendalte,
Lebt und kreist nur auf dem Erdenrunde,
Daß aus ihr, aus ihrem dunklen Grunde,
Sich der Mensch, der Einzelne, entfalte.

Jenen Verheißungen von der fernen Republik, "wo jeder gut ist und gerecht," "jenen träumerischen Weisen" wird das entschiedenste Dementi gegeben in dem Gedicht "Ein Raubthier," welches ad hominem demonstrirt, wie auch die abstrakteste Freiheit nie ohne Despoten, ohne Unterdrücker seyn werde:

Allein auf der Gebirge Spitzen
Wird einsam stets der Geier sitzen,
Den von Geburt an die Natur
Gezeichnet hat mit blut'ger Spur,
Der schon im Neste ein Despot u. s. w

[229] Die aus dem ersten dieser beiden Gedichte mitgetheilten Gedanken sind gewiß die philosophisch tiefsten und richtigsten in dem ganzen Buche; besonders schön ausgedrückt ist der, daß sich aus dem dunklen Grunde der Menschheit immer nur der Einzelne entfalte, daß die Masse stets nur dem Hervorragenden zur Basis, zum Schemel seiner Füße dienen werde. Der Widerspruch, in dem diese Erkenntniß mit der ganzen übrigen Anschauung des Dichters steht, macht uns auf eine neue, auf eine der wichtigsten Eigenthümlichkeiten der neuesten Poesie aufmerksam, die sie wieder mit der ganzen Zeit theilt. Es ist nicht ein ungetrübtes Pathos, welches diese Streiter für die Menschheit und ihre Rechte erfüllt, sie können sich diesem Kampfe selbst nicht mit ungetheilter Seele hingeben, weil sie ihrer Sache nicht gewiß sind. Daß ihr Ringen mit den alten Mächten des Lebens ein berechtigtes sey, darüber haben sie freilich keinen Zweifel, aber das Ziel desselben ist ihnen in ein sehr zweideutiges Dunkel gehüllt. Wird es nicht neue Selbstsucht und Rohheit, wird es nicht der Despotismus nur in einer andern Gestalt seyn? Diese Fragen und Zweifel kommen gerade denjenigen, die ohne irgend eine praktische, selbstsüchtige Triebfeder, nur durch das ideale Interesse bewegt werden. Sie haben beständig nicht bloß nach rückwärts gegen die alte politische und religiöse Tyrannei, sondern ebenso nach vorwärts gegen die Gemeinheit und den Materialismus zu kämpfen, den sie in ihrem eigenen Lager als den unwillkommenen Gast, als das nicht zu bannende Gespenst erblicken: "Für die Tiefen taugt kein Sonnenfeuer," und "Nie vernarben wird der Menschheit Wunde." Dieser Zwiespalt des Bewußtseyns ist es, welcher unsere Poeten umtreibt als die eigentlich "Zerrissenen." Es ist nicht bloß der äußere Widerstand einer gemeinen Wirklichkeit, den sie nicht zu überwinden wissen, sondern noch viel weniger zu verwinden ist der Widerstreit in ihrem eigenen Inneren, der Feind des Zweifels, der "öfter siegt als fällt." So eilte der Prototyp aller sich über einem überschwänglichen idealen Streben Verblutenden, der edle Lenau, aus einem Welttheil in den andern, von Europa nach Amerika und von dort wieder zurück, weil er die ächte Humanität der Freiheit an dem einen Ort so wenig finden konnte, als an dem andern. Sicherlich ist viel Manier und Mode dabei, die Erbschaft einer früheren kokett-geistreichen Periode, die [230] sich auch in andern Beziehungen tausendfach in unsere Zeit herein erstreckt; aus den angegebenen Verhältnissen aber erklärt sich hinreichend, wie unsere modernen Dichter auch in allem Ernste an ihrer Aufgabe, an sich, an der Menschheit verzweifeln können. Ist der Idealismus ein vollkommen klarer, selbstbewußter, so kann ihm auch die Heiterkeit, die Selbstgewißheit der poetischen Begeisterung nie ganz fehlen; nur der sein Ziel nicht kennende, es in unbestimmter Ferne suchende und sich überstürzende ist verworren, ist trübe, denkt er

An sein Leben wilder Hast,
Reich an Kampf und arm an Liebe,
Ohne Ruh' und Vesperrast.

Von diesem Weltschmerz sind auch die Meißner'schen Gedichte voll; ein trüber Ton geht durch alle hindurch, der in schneidendstem Gegensatz steht zu dem Jubel, ein sich selbst genügender, freier, kämpfender Mensch zu seyn. Wen soll er lieben: das Weib, die Menschheit? die eine ist so falsch und herzlos wie die andere. Der Frühling ist ihm ein "falscher," ein schöner Traum, eine holdselige Täuschung, seit der böse Blitz sein Herz getroffen. Ein Geier ist dieses Herz und ein Aufschrei sein Gebet. Während sonst die Poeten die süße Sehnsucht der schmachtenden, die Seligkeit der erhörten Liebe singen, weist er die schmachtende Geliebte selbst von sich: "O laß das Klagen:"

Ich kann nicht lieben, wie du foderst,
Das Leben hat mein Herz gekühlt,
Die Gluth, in der du still verloderst,
Ich Harter hab' sie nie gefühlt,
Mein Leben ist Gewitterblitzen,
Ein Sturm ist meine Poesie –
Mein ganzes Herz willst du besitzen?
Mein ganzes Herz verschenkt' ich nie!

Nicht ein einziges unter allen den Gedichten findet sich, das eine ungetrübt heitere Stimmung ausdrückte. Selbst das eine, dessen Titel dieß verspräche: "Ein wenig Wein, ein wenig Liebe" ist nicht ohne die verschiedensten Einmischungen, wie daß ein so mächtiger Zecher um so weniger das Amt des Sängers vergessen werde, den Mächtigen ein Wort der Wahrheit zu sagen.

Es ist daher, wie wenn der Dichter selbst fühlte, daß wir [231] von ihm und seinen Gedichten mit zu unbefriedigtem, unversöhntem Gemüth scheiden müßten, wenn er nicht eine Versöhnung selbst ausdrücklich gebe. Er gibt sie daher zum Schluß in einem geradezu "Versöhnung" überschriebenen Gedicht. Aber es ist dieß nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich ein bloßer Anhängsel. Alle Dissonanzen der Gegenwart sollen durch phrasenreiche, deklamatorische Hinweisung auf eine unbestimmte, abenteuerliche Zukunft gelöst werden. Zuerst wird hier noch einmal alles Unrecht und alles Leiden in der Welt zusammengefaßt, in dieser Welt, welche der Schöpfer nur gut finden konnte "in der thörichten Werkmannsfreude des alten Mannes," und darauf die Frage gegründet, warum die "Millionen Enterbter" nicht auf einander stürzen in wilder Verzweiflung, um zu enden, "die ärmliche, erbärmliche Comödie des Lebens." Darauf gibt ein Dämon die tröstende Antwort, daß, wenn auch unmerklich, doch unbesiegbar und unwiderstehlich vorschreite das heilige Werk der Volksbefreiung, der Wiedereinsetzung der Menschenmajestät; die Völker werden sich nicht lange mehr abspeisen lassen mit der heuchlerischen Liebe, sondern ihr Recht fordern. Sie wird kommen die Zeit der Verheißung, die Pfingsten der neuen Erkenntniß, dann wird sich die Menschheit erheben, "ein Messias, ein Gott in der Entfaltung." Dann "ist Eines die Menschheit, Ein Herz über Meere hin den Riesenpulsschlag schleudernd" u. s. w. Und das Symbol dieser neuen Zeit, heiliger als Kreuz und Schwert, "das Symbol der geistbeschatteten Erde ist die eiserne Pflugschar, die sich erheben wird strahlend, rosenbekränzt, schöner selbst als das alte christliche Kreuz."

Mit solchen Phantasien, die nicht mit "urkräftigem Behagen" von selbst der Seele des Dichters entströmen, sondern die ihm ein Dämon, ein deus ex machina zuflüstern muß, kann sich doch gewiß eine ernstliche Weltbetrachtung nie zufrieden geben. Dieß ist bei aller Ueberschwänglichkeit die nüchternste Prosa, in welche der abstrakte Idealismus immer wieder umschlägt. Mit diesem Sprung in das Graue stürzt sich die modern-politische Poesie selbst den Hals ab. Bei allem Zorn über die Gegenwart, bei allem Hoffen auf eine bessere Zukunft, können wir uns für so etwas begeistern? Die rosenbekränzte Pflugschar, die statt des Kreuzes aufgerichtet werden soll, sie ist nichts als eine Theaterdekoration, die statt der heilig-erhabenen, welche sie hervorbringen [232] soll, fast eine lächerliche Wirkung macht. In dem Gedicht "die Schmiede" ist die Pflugschar ganz an ihrem Platz, indem dort die symbolische Bedeutung an der natürlichen Bestimmung das rechte Fundament hat, hier aber ist sie ein bloßes Nebelbild. Eine viel richtigere Lösung, als die in dieser dithyrambischen Phantasie gegebene, finden wir in dem der "Schmiede" vorangehenden, wie diese poetisch erfüllten, Gedicht "Erkenntniß," dessen Schluß heißt:

Und ich verstand, daß fröhlich, fromm und gut
Die vielgeprüfte Menschheit dann nur werde,
Wenn sie in seligem Vergessen ruht
Bei Müh' und Arbeit an der Brust der Erde.

Wie wir an der "Göttin" von Gottschall nachgewiesen haben, daß die Elemente der modernen Poesie in ihrer Allgemeinheit keine wahre Realität haben, daß die Worte ohne Fülle, Götzen ohne eigentliche Verehrung sind, so sollte uns Meißner zu der Einsicht verhelfen, daß bei der Durchführung im Einzelnen diese Ideen einen um so unpoetischeren Ausdruck finden, je mehr sie von der Wirklichkeit abstrahiren, d. h. also gerade je mehr sie specifisch modern seyn wollen. Wo Meißner an die natürlichen Verhältnisse anknüpft, da kann er auf unsere ganze Sympathie rechnen, wie in dem schon angeführten Gedicht "Erkenntniß"; wo er nichts als das "neue Evangelium" vorträgt; da streiten wir mit ihm nicht, er mag in Vielem ganz Recht haben; aber wir finden uns auch nicht poetisch angeregt, wir wenden uns mit Achselzucken ab. Es ist dieß nur eine neue Bestätigung des alten ästhetischen Hauptsatzes, daß die Poesie, je praktischer sie werden will, um so unpraktischer ist.

Um nun auch das gegenseitige Verhalten genau kennen zu lernen, wie nämlich ein Dichter von den Ideen der Zeit erfüllt seyn und doch real bleiben kann, wüßten wir uns an niemand besser zu halten, als an Bodenstedt. Er ist gewiß ein moderner Mann und ein Mann der Gesinnung, des Fortschritts, aber er strebt nicht ins Unbestimmte, sondern Alles nimmt bei ihm Maß, Gestaltung, Rundung der Form an. Es ist interessant zu vergleichen, wie ganz verschieden Meißner und er über den Beruf des Dichters sich aussprechen. Während jener die Poesie der Natur und der Geschichte stolz zurückstößt als etwas müßiges, [233] das der Menschheit nicht mehr fromme, schildert Bodenstedt ("der Genius des Dichters") mit den glänzendsten Farben, wie der Geist des Dichters, der Sonne gleich, die ganze Welt mit Duft und Glanz erfülle. Nicht des "Schöpfers arg verstümmelte Gedanken" sucht er in den Nachtgebieten der Menschheit, sondern im hellen Sonnenschein werden ihm "alle Wesen Gottes Hoheit Zeugen." Wie er die Stellung des Dichters zur Gegenwart, seine reformatorische Aufgabe betrachtet, erklärt er ausführlicher in dem Epilog zu "Iwan, der Sohn des Starost": Der Sänger soll der Gegenwart nicht aus dem Wege gehen, sie weder meiden, noch ihr schmeicheln, er soll "mit der Zeit und nicht bloß mit dem König gehen;" aber

      Der Dichter soll in seinen Bildern
      Was ist, nicht was seyn könnte, schildern.

Wenn er sie (die Gegenwart) recht mit ganzer Kraft
Lebendig denkt und wiederschafft,
Und wir sie wahr im Bilde sehn,
Wird Besseres daraus erstehn.

Er schildert daher, was er in der Ferne, in den Steppen Rußlands oder in den herrlichen Landschaften Asiens gesehen, nicht bloß zu müßigem Ergötzen, sondern stets mit praktischer Beziehung, die um so praktischer ist, je weniger sie direkt und gewaltsam sich uns aufdringt, je mehr sie aus der Sache selbst sich ergibt. So gerade im "Iwan," welcher den Uebermuth des Satrapenthums und daneben das russische Volksleben schildert, wie das Christenthum der Popen, statt aus der Bedrängniß zu befreien, zum Staatsgefängniß, zur Hüterin von Millionen wird, wie das Volk, das maschinenmäßig an einem Draht von oben gelenkt wird, ein müdes Daseyn hinschleppt, so daß auf Allem Düsterheit und Wehmuth liegt, daß

Wehmuth schleicht durch jede Sage,
Wehmuth durchzittert jeden Sang,
Und macht ein jeglich Lied zur Klage
Und macht zum Angstschrei jeden Klang.

Diese Anklagen des Christenthums sind berechtigt; wenn auch ein allgemeiner Hohn in den Worten liegt: "O, welterlösend Christenthum, du freiste der Religionen;" wir haben es [234] wenigstens an einem faktischen Beispiele recht augenscheinlich vor uns, wie die Religion des Geistes und der Freiheit wirklich zu einem Geist und Freiheit tödtenden Bonzenthum geworden ist. Diese Schilderung der bleiernen Schwere, der düsteren Wehmuth, die auf einem ganzen Volke liegt, ist ebenso poetisch wahr und schön dargestellt, als praktisch anstachelnd. Es ist hier ein unverkennbarer Fortschritt gegen das frühere zwecklose Schweifen in der Ferne, welches die Leere einer unbestimmten Sehnsucht mit bloßen Bildern aus dem Orient oder der afrikanischen Wüste, mit dem Vogelflug der Beduinenrosse, mit dem "Lehnen an des Hengstes Bug" auszufüllen suchte. Bodenstedt repräsentirt eine gegen Freiligrath in praktisch-historischer Auffassung wohl um ein Decennium vorangeschrittene Zeit. Wie greift es so ganz in die Gedanken der Gegenwart ein, wenn das Loblied auf das von Gott gesegnete, aber von den Menschen unterdrückte Georgien mit der für jeden verständlichen Anwendung schließt:

        "Georgia, du schönes Land!"
Dacht ich; man braucht den Namen nur zu ändern,
So gilt das Klagelied noch stolzern Ländern,
Getroffen von denselben Wehesendern,
Die Ost und West mit gleicher List umziehn....

Wohl klagt auch dieser Dichter, daß "sich ein schwarzer Streifen durch sein Leben schlinge," aber es ist dieß nicht eine Aeußerung des allgemeinen Weltschmerzes, sondern das Resultat individueller Erfahrungen, und er will sich darüber nicht dem finstern Gram hingeben, sondern strebt darnach, daß sein Herz im Unglück nicht erkalte, daß ihm "der frische Sinn erhalten werde, das warme Herz, die Kraft, die an sich selber glaubt." Wohl faßt auch ihn der Jammer des Lebens an, daß er die Ruhe des Todes vorziehen möchte "dem Tag und des Lebens folternder Frist," aber sein Genius – hier eine ganz passende poetische Personifikation, während die Dämonen bei Meißner nichts als poetische Strohmänner sind – er ruft ihn zu Leben und Thätigkeit zurück:

"Nur der Schwächling verzweifelt in kindischer Wuth,
Nur der Thor stirbt durch's eigene Schwert –
Wen das Unglück nicht stählt, wie das Eisen die Gluth,
Der Mann ist des Glückes nicht werth!
Wohl Glück bringt und Ruhe die Todesnacht,
Doch dem nur, der treu seine Wege vollbracht.

[235] Dieß ist die Lebensansicht eines Mannes, die Jeder gerne zu der seinigen machen wird, der mit hellem, kräftigem Sinn durch das Leben gehen will. Hier ist nicht von einem gegenstandslosen Kampf die Rede, sondern von dem wirklichen Streit, den Jeder gegen die Engen und Nöthen des Daseyns zu führen hat. Als ein durch einen solchen Kampf hindurchgegangener, durch die Erfahrungen des Lebens geprüfter tritt uns der Dichter entgegen mit Sprüchen, in denen die Weisheit des Orients sich mit den geistigen Schätzen des Abendlandes verbindet, mit den unbefangensten, naivsten Liedern der Liebe und Lust. Es scheint auf den ersten Anblick den Bodenstedt'schen Gedichten der specifisch moderne Reiz abzugeben, welcher bei Meißner und Gottschall in der unmittelbaren politischen oder religiösen Tendenz liegt; dieser Reiz aber schwindet immer mehr, je genauer wir sie ins Einzelne hinein kennen lernen, während umgekehrt gegen jenen unsere Zuneigung und unser Wohlgefallen bei weiterem Vertiefen immer wächst. Dadurch wird aber gerade unsere Ansicht bestätigt, daß uns das Moderne nur dann gefallen kann, wenn der Dichter sich auf die Wirklichkeit einläßt, wenn er schildert was ist, nicht was seyn könnte, wenn wir bei ihm ein wahres Bild der Gegenwart sehen. Nur wenn er sie lebendig denkt und wiederschafft, kann auch Besseres daraus entstehen, kann er wirken wie er wollte und sollte.

Es wird nun aber die Frage nicht länger zurückzuhalten seyn, ob denn eine Besprechung der neuesten lyrischen Poesie sich mit nichts anderem zu befassen habe, als mit den politischen, mit den praktischen Beziehungen überhaupt, ob denn nicht bei jedem Dichter sich Vieles finde, was von allen solchen temporären Einflüssen unabhängig, rein poetisch und lyrisch sey. Bei dem Namen Lyrik denkt man gewöhnlich vor Allem an Lenz und Liebe, an Ergießungen des unmittelbaren subjektiven Gefühls; warum ist nun von diesem bisher so gut wie gar keine Rede gewesen, sondern immer nur von Religion, Pantheismus, Politik, Menschenmajestät und Menschenrechten?

Allerdings fehlt es nicht an Gedichten und nicht an Dichtern, welche sich gegen die modernen Ideen unbefangen verhalten; sie stehen dann aber auch in einem um so loseren Verhältniß zu dem allgemeinen Zeitbewußtseyn und haben für uns, so vortrefflich [236] ihre Gedichte in ästhetischer Beziehung seyn mögen, eine nur untergeordnete Bedeutung. Denn unsere Untersuchung soll ja, wie gleich zu Anfang gesagt wurde, nicht sowohl zur Litteratur-, als zur Kulturgeschichte gehören.

Uebrigens sind auch diejenigen unter den Dichtern, welche wir bei oberflächlicher Betrachtung für ganz unberührt von jenen Zeiteinflüssen halten, ihnen bei weitem nicht so fremd. Nur eine ganz untergeordnete Bildung läßt den Einfluß der Zeit spurlos an sich vorübergehen, wie nur die höchste sich über ihn zu verhältnißmäßiger Unabhängigkeit aufschwingen kann. Als das, was allen Produkten der neueren Zeit anhänge, als das unvermeidliche Haar ist die Reflexion, die "Blässe des Gedankens" schon so unzähligemale genannt worden, daß davon besonders zu sprechen hier nicht mehr nöthig seyn wird. Statt uns in allgemeine Erörterungen über einen längst bekannten Punkt einzulassen, wird es auch hier ersprießlicher seyn, ein einzelnes Beispiel zu wählen, um zu zeigen, wie tief die Gegensätze der Zeit einem jeden in Fleisch und Blut stecken, der nur einigermaßen ein selbstständiges, eigenthümliches Talent hat. Seit Jahren hat keine poetische Erscheinung so allgemein imponirt, wie der erst im vorigen Jahre bekannt gewordene Dichter Hermann Lingg. Es liegt eine eigenthümliche Gewalt in seinen Gedichten, die nicht bloß der Form, sondern unstreitig ebenso dem Inhalte angehört, die wir uns aber im ersten Augenblick schwer definiren können. Die brillante Form ist so wenig selten, daß wir von ihr allein kaum einen besondern Erfolg herleiten können; die Gegenstände der Lingg'schen Poesie aber sind ebenfalls nichts weniger als ungewöhnlich, am allerwenigsten gehören sie dem an, was wir bisher als das Moderne im engeren Sinn kennen gelernt haben. Wenn wir die angeführte Meißnersche Einteilung der Dichter in drei Klassen adoptiren, so gehört Lingg offenbar vorherrschend der historischen an, "die zu den Todten wandert",

"In jene alten Mausoleen,
Wo Särge grauer Helden stehen,
Vor ihrem Staube, dem öden, kalten,
Die Hände andachtvoll zu falten."

Wenigstens sind die Gedichte, welchen er ohne Zweifel seinen jungen Ruhm hauptsächlich zu verdanken hat, Pausanias, [237] Spartacus, der Normannenzug, alle dem Alterthum, der fernen Vergangenheit entnommen. Was ist es nun, das diesen Stoffen für unsern verwöhnten Geschmack einen so ungewöhnlichen Reiz verleiht? Wir glauben uns dieß nur durch die folgende Analyse der Gesammtanschauung und Bildung des Dichters erklären zu können:

Seine Bildung ist vorherrschend eine klassische, das Alterthum hat ihn ganz ergriffen und ist in sein eigenstes Bewußtseyn übergegangen. So verstehen wir den Vers im "Frühlied":

Die Blume meiner Freuden
War irdisch ja, ich trank
Vom goldnen Kelch der Heiden
Und trotzte, bis ich sank.

Diese klassische Bildung aber konnte ihn nicht befriedigen, ohne Zweifel namentlich auch deßwegen nicht, weil er ihr keine äußeren Erfolge zu verdanken hatte. Deßwegen schweift sein Blick von Osten nach dem fernen Westen. Der "Weltumsegler" sucht in Amerika die selige Insel, die "Atlantis," d. h. ein neues Hellas.

    Weckt hier in Erinnrungswonne
    Einen neuen Archipelagus,
    Ein Jonien dieser Tropensonne
    Diese Lüfte milder Frühlingskuß?

Himmel, Meerblau, Gärten, Seegestade,
Alles ruft: hier taucht vergnügt empor
Jener Weltmai aus dem Wellenbade,
Den Europa seit Homer verlor.

Amerika jauchzt er Heil zu, weil er von ihm die "Abendruhe" erwartet, die der "müdgequälte Promethide" längst ersehnt. Freilich kann er sich die prosaische Erbärmlichkeit jenseits des Oceans nicht verbergen.

Ja aufs letzte Blatt der Weltgeschichte
Schreibt ihr Käufer über'm Ocean
Nach der Vorzeit großem Thatberichte
Friedlich eure Zahlen an.

Aber dennoch – Heil dir, Columbia, du großes Rettungsboot im Ocean! Alle Völker mit zerriss'ner Fahne blicken hin nach dir im Abendroth.

Ist dieß nicht der allgemeine Zweifel und Zwiespalt, der alle Gemüther hinüber und herüber zieht, daß man auf keiner [238] Seite das Ideale in reiner Gestalt findet? und zwar ist es dieser Zwiespalt gerade in der Form, in welcher er sich der Gebildetsten bemächtigt hat, als die Irrfahrt zwischen der alten und neuen Welt, zwischen Griechenland und Amerika. Aus diesem ächt modernen Schwanken zwischen zwei einander ebenso verwandten als unendlich von einander verschiedenen Welten, welches in dem Dichter eine besonders energische und originelle Gestalt gewonnen, erklären wir uns den Inhalt wie die Form seiner Poesie. Was den ersteren betrifft, so ist im ersten Theil ebenso die alte Welt vertreten, wie im zweiten die neue; in Beziehung auf das Aeußere aber ist hervorzuheben auf der einen Seite das klassische Maß, die strenge, scharfe Form, auf der andern das romantische Feuer, also auch hier das Neben- und Ineinander von Altem und Neuem, von Klassischem und Modernem.

Von einer Versöhnung und daraus entspringender ächt poetischer Heiterkeit kann selbstverständlich auch hier keine Rede seyn. Es haben daher nicht nur die sämmtlichen Dichtungen ein trübes, düsteres Relief, sondern wir stoßen auch auf ausdrückliche Klagen der Zerrissenheit, des Weltschmerzes, die aber hier mehr eine persönliche Färbung erhalten, die des vergeblich nach Anerkennung ringenden und doch seiner Vollberechtigung bewußten Talents. Sein ganzes Streben blieb ein fruchtlos rauhes Bestürmen ewig neuer Widerstände:

Nie, nie beging ich unumschränkt und heiter
Die großen, meines Lebens Kaiserwahlen.

Der Dämon naht sich ihm und flüstert:

Titanen nur sind nicht zu unterjochen.
Du hast die Wahl, ergib dich in Versöhnung
Dem Allgemeinloos oder ungebrochen
Erhebe selbst die Hand zu deiner Krönung.

Aus den bisher aufgeführten Dichtern und den von ihnen mitgetheilten Proben geht zur Genüge hervor, welche Widersprüche durch die neueste Lyrik hindurchgehen, welche innere Unmöglichkeit schon in ihrer Aufgabe liegt. Je mehr sie auf den Reiz der Neuheit, des specifisch Modernen Anspruch macht, je unmittelbarer die Form ist, in der sie dasselbe aufnimmt, desto weniger kann sie auf eine volle Anerkennung hoffen, desto gewisser ist ihr Erfolg nur ein scheinbarer, vorübergehender. [239] Will sie sich aber auf ihr eigentliches Gebiet beschränken, so glaubt sie hier alles so vergriffen und abgenutzt, daß sie über die allgemeine Mittelmäßigkeit sich nimmer emporarbeiten könne. Daher die durchgängige Seltenheit unbefangen heiterer, unmittelbar lyrischer Produkte. Ganz kann es natürlich an ihnen jedoch auch nicht fehlen; wir haben solcher bei Bodenstedt rühmend gedacht und wollen zum Schluß noch zwei Dichter namhaft machen, welchen jegliche Zerrissenheit durchaus fremd ist, die aber dabei von gründlich verschiedener Richtung sind, Roquette und Fischer. Mit ihnen werden die Hauptrichtungen der modernen Lyrik im Wesentlichen erschöpft seyn.

Roquettes "Liederbuch" enthält wirklich, was der Titel verspricht, nichts als leichte, heitere Sachen, die meisten leicht singbar, ganz im Volkston. Dadurch unterscheidet er sich wirklich sehr vortheilhaft von der großen Menge der Reflexionsgedichte, der Poesien des Schmerzes und des Zorns. Wie weit er dafür gegen viele an eigentlichem poetischen Gehalt zurücksteht, haben wir weniger zu untersuchen; es wird sich aber zum Theil von selbst ergeben, wenn wir uns zu erklären suchen, wie diese Lieder sich zu dem allgemeinen Bewußtseyn verhalten, wie sie, wenn wir nicht Alles der Individualität des Dichters zutheilen wollen, aus demselben hervorgegangen sind.

Die Roquetteschen Lieder bieten dem Leser von keiner Seite eine Spitze dar, an der er sich stoßen könnte, er findet in ihnen nirgends ein Haar der Tendenz oder Reflerion, denn es ist als ob er jeder tieferen idealen Beziehung recht geflissentlich aus dem Wege gehen wollte. Wir wissen nun nicht, wie weit eine Nöthigung hiezu in dem Dichter selbst liegt, ob sein Talent wirklich nur für diese leichtere Gattung angelegt ist, keinem Zweifel aber unterliegt, daß dieß ganz mit einem gewissen Zug der Zeit zusammentrifft. Da nämlich die Zeit so spröde gegen den Idealismus ist, daß sie ihn nie recht in sich eingehen läßt, während sie ihn andererseits doch auch nicht ganz entbehren kann und wenigstens seinen Schein haben muß, so läßt sie zunächst alle schwereren Probleme, an denen sie sich doch vergeblich abquälen würde, stehen, und lebt ganz vergnüglich in der frohen Zuversicht, daß sich Alles schon von selber machen werde. Indem sie aber, wie gesagt, dabei den idealen Reiz und Genuß doch nicht [240] ganz entbehren will, so sucht sie sich denselben so leicht als möglich zu machen, er soll mehr nur der augenblicklichen Unterhaltung dienen als tiefer eindringen und wirklich geistig anregen. Ein einzelnes Symptom dieses Rococozuges ist z. B. die Spielerei mit dem Volkslied. Man kann in demselben freilich die tiefste Poesie finden, wenn man wirklich poetische Zucht hat; die gewöhnliche Passion für dasselbe aber ist nichts als Coketterie der Mode. Man will einen ästhetischen Genuß; ein Gedicht von tieferem idealem Inhalt ist aber zu ernsthaft, deßwegen zuckt man über die philosophische, die Reflexionspoesie die Achsel und glaubt auf der Höhe des Geschmacks zu stehen, wenn man die einfache Gemüthlichkeit des Volksmäßigen lobt. Diesem Modegeschmack hat sich Roquette offenbar zu sehr bequemt; er ist hierin ebenso sehr nach der einen Seite zu weit gegangen, als Meißner und Gottschall nach der andern.

Verwandt nun mit Roquette ist Fischer darin, daß er sich gleichfalls freihält von der gespreizten, stelzengehenden Reflexion, von Zerrissenheit und Weltschmerz; voraus aber hat er vor jenem einen ungleich tieferen Idealismus. Vergleichen wir zuerst beider Lieder miteinander, so finden wir auch bei Fischer genug des Heiteren, Volksmäßigen; er gibt es uns aber nie in der Unmittelbarkeit der bloßen Form, sondern weiß es stets in eine höhere Ordnung zu verpflanzen, wodurch gerade der tiefere gemüthliche Inhalt ungleich besser erhalten bleibt. Diese Lieder der Liebe und Natur sind jedoch nicht das einzige, er entzieht sich den geistigen Problemen keineswegs, gibt sich ihnen aber auch nicht in einseitiger Befangenheit hin, sondern sucht sie mit idealer Freiheit zu bemeistern. Als schönste Probe eines Idealismus, der das Irdische wirklich zu erheben und zu verklären weiß, ist die "Sonnenwende" zu nennen. Gedanke und Form sind hier gewiß nicht weit her gesucht; der klassische Adel des Ausdrucks trägt die einfach tiefe Idee, daß wir uns wirklich begeistert und gehoben fühlen:

Es streckt, was heute auf Erden lebt,
Zum Lichte die höchsten Ranken,
Und zwischen Erde und Himmel schwebt
Der Mensch mit den hohen Gedanken.

Dein ist, o Seele, dieß Wonnemeer
Und all die unendlichen Räume
[241] Dein ist der Frühling, so blüthenschwer,
Und die irdisch-himmlischen Träume.

Und ewiges Grün und unendliches Blau
Wird Erde und Himmel dir färben,
Und irdische Blüthe unb himmlischer Thau
Läßt nie deine Jugend sterben! –

Dieß ist nicht ein abstrakter, sondern ein der Sache wirklich immanenter Idealismus, wie er nöthig ist, eine nach beiden Seiten hin- und hergezogene, zerrissene Zeit in einem allgemeinen geistigen Medium zu versöhnen.

Für die sich mit den specielleren Aufgaben der Gegenwart befassenden Gedichte gilt als Motto, was er in dem Lied der Zukunft sagt:

Wohl sinds der Klagelieder gnug,
Genug der Poesie'n des Zornes.

Er verzweifelt nicht an Gegenwart und Zukunft, sondern ist des Sieges gewiß, daher hört er rauschen "wie ein kühn Gedicht, das frische Kleid von frischem Leben" und ruft der "Lieberlust" zu, nicht zu säumen, sondern "auch ihre Blüthen drein zu weben." Nicht durch Sujets, welche unmittelbar in die Kämpfe der Gegenwart eingreifen, will er für die Freiheit in einer bestimmten, einseitigen Form begeistern, sondern durch Hinweisung auf die ewig gerechte Geschichte, "die Unsterbliche," sucht er den allgemeinen Sinn für Freiheit und Recht zu wecken.

Wie kurz vor dir ist unsre Frist,
Die du des Ewigen Tochter bist!
Bei dir ist Weisheit und Verstand,
Du bist der Allmacht starke Hand.
Doch fühl' ich weder Furcht noch Grauen,
Wie ich dir mag in's Antlitz schauen;
Glückselig, wer dein treuer Knecht!
Mag's, wie sie will die Erde treiben,
Bei dir muß Treu' und Wahrheit bleiben:
Die Welt ist fündig, du bist gerecht.

Die Zeit selbst hat hier einen Autodidakten in die Lehre genommen und gebildet. Alle ihre äußeren und inneren Kämpfe sind durch ihn hindurchgegangen; weil sie aber nicht in abstrakter Form, als leere Worte und äußere Schiboleths an ihn kamen, so sind diese Ideen auch nicht in einseitiger Form stecken [242] geblieben, sondern von einem wirklich poetischen Sinn zu idealer Versöhnung und Harmonie abgeklärt <worden>.

Dieß bringt uns auf das zurück, von was wir überhaupt ausgegangen sind, auf das am Anfang über die Zwitterstellung der Zeit zwischen Idealismus und Materialismus Gesagte. Die materielle Zeit hat ein ideales Gegengewicht doppelt nothwendig, und daß sie diese Nothwendigkeit selbst fühlt, beweisen die zahlreichen Gedichte, die sich in gleichem Verhältnisse mit der materiellen Produktivität von Tag zu Tag vermehren, als ob sie einander das Gegengewicht halten wollten. Weil aber die beiden Faktoren, der ideale und materielle, in solcher Spannung gegen einander sind, so ist oft auch ihre gegenseitige Berührung meist nur eine äußerliche, scheinbare, die nicht zeugend eindringen, keine rechte Frucht bringen kann. Die von aller Basis losgerissene Stellung des ideellen Princips läßt die Poesie in der Regel auf doppelte Weise an der Wirklichkeit vorübergehen, ohne sie zu treffen: entweder ist sie um das Leben ganz unbekümmert und glaubt sich mit vollkommenster Muße und Sorglosigkeit in Tändeleien ergeben zu können, oder, was noch schlimmer, sie meint in unmittelbar praktischer Weise mit dem Sturmbock auf die ihr entgegenstehende Wirklichkeit einrennen zu müssen. Durch beides wird die Kluft zwischen den feindlichen Polen nur auf der Oberfläche überdeckt, im Grund aber immer weiter gerissen; Wirklichkeit und Dichtung werden immer gleichgültiger gegen einander. Diesen doppelten Irrweg kann die Poesie nur vermeiden, wenn sie einerseits die Wirklichkeit nicht ignorirt, andererseits sich nicht einseitig an sie gefangen gibt, sondern sich zu jener idealen Höhe und Unbefangenheit erhebt, auf welcher sie die Welt der Erscheinung ebenso in sich hinein, als poetisch durchdrungen und wiedergeschaffen aus sich heraus stellen kann. Nur so können wir jener Harmonie, dem Sättigungspunkte von Idealem und Realem, nahe kommen, den wir als das Klassische zu bezeichnen pflegen. Wie wir gesehen haben, daß die Zeit selbst zu den beiden Extremen führt, als deren Repräsentanten auf der einen Seite namentlich Meißner und Gottschall, auf der andern hauptsächlich Roquette angeführt wurden, so ist es auch die nach Fülle und Versöhnung strebende Zeit, welche auf den rechten Weg leiten wird, auf dem wir als erste Vorläufer Bodenstedt und Fischer gefunden haben.

 

 

[Fußnote, S. 216]

Mit seiner Amaranth wenigstens; denn seine lyrische Sammlung hat geringen Eingang gefunden.   zurück

 

 

 

 

Erstdruck und Druckvorlage

Deutsche Vierteljahrs Schrift.
1855, Nr. 70, April-Juni, S. 205-242.

Ungezeichnet. Zuschreibung nach:
Realismus und Gründerzeit. Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur 1848 – 1880.
Hrsg. von Max Bucher u.a. Bd. 1. Stuttgart 1981, S. 440.

Die Textwiedergabe erfolgt nach dem ersten Druck (Editionsrichtlinien).


Deutsche Vierteljahrs Schrift   online
URL: https://catalog.hathitrust.org/Record/008696495
URL: http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/200374-0
URL: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dvs&size=45

 

 

Zeitschriften-Repertorien

 

 

 

Literatur

Begemann, Christian / Bunke, Simon (Hrsg.): Lyrik des Realismus. Freiburg i.Br. u.a. 2019.

Brandmeyer, Rudolf: Poetiken der Lyrik: Von der Normpoetik zur Autorenpoetik. In: Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte. Hrsg. von Dieter Lamping. 2. Aufl. Stuttgart 2016, S. 2-15.

Göttsche, Dirk: Poetiken des 19. Jahrhunderts (Realismus). In: Grundthemen der Literaturwissenschaft: Poetik und Poetizität. Hrsg. von Ralf Simon. Berlin u. Boston 2018, S. 175-200.

Pott, Sandra: Poetiken. Poetologische Lyrik, Poetik und Ästhetik von Novalis bis Rilke. Berlin u. New York. 2004.

Pott, Sandra: Poetologische Reflexion. Lyrik als Gattung in poetologischer Lyrik, Poetik und Ästhetik des 19. Jahrhunderts. In: Lyrik im 19. Jahrhundert. Gattungspoetik als Reflexionsmedium der Kultur. Hrsg. von Steffen Martus u.a. Bern u.a. 2005 (= Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik; N.F., 11), S. 31-59.

Todorow, Almut: Gedankenlyrik. Die Entstehung eines Gattungsbegriffs im 19. Jahrhundert. Stuttgart 1980 (= Germanistische Abhandlungen, 50).

Trilcke, Peer: Lyrik im neunzehnten Jahrhundert. Ein kommentiertes Datenreferat zu populären Poetiken. In: Grundfragen der Lyrikologie. Bd. 2: Begriffe, Methoden und Analysemethoden. Hrsg. von Claudia Hillebrandt u.a. Berlin u. Boston 2021, S. 67-92.

Zymner, Rüdiger: Theorien der Lyrik seit dem 18. Jahrhundert. In: Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte. Hrsg. von Dieter Lamping. 2. Aufl. Stuttgart 2016, S. 23-36.

 

 

Literatur: Deutsche Vierteljahrs Schrift

Kramer, Henriette: Georg von Cotta als Verleger. In: Archiv für die Geschichte des Buchwesens 25 (1984) Sp. 1093-1276.

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Edition
Lyriktheorie » R. Brandmeyer